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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Ausstellung „Polessje-Elegie – Das verlorene Land“ im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund eröffnet

Ausstellung „Polessje-Elegie – Das verlorene Land“ im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund eröffnet

Einsam, verlassen und fast immer menschenleer: 34 großformatige Ölbilder des Künstlers Hermann Buß aus Leer zeigen die Sperrzone von Tschernobyl im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund und erinnern an die bis heute nachwirkenden Folgen der Reaktorkatastrophe  Tschernobyl im Jahr 1986. Die Wanderausstellung „Polessje-Elegie – Das verlorene Land“ wurde am Mittwoch, 22. Mai 2019, im Rahmen des regionalen Kulturprogramms des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Dortmund im Beisein des Künstlers eröffnet.

Dr. Anke Kugler-Mühlhofer, Leiterin des LWL-Industriemuseums Zeche Zollern, hatte etwa 60 Gäste zur Ausstellungseröffnung begrüßt. Das Industriemuseum mit seinem sozialhistorischen Ansatz schaffe eine interessante Verbindung zum Inhalt der Ausstellung: Auch das Museum erzähle die Geschichte von Menschen, die nie im Licht der Öffentlichkeit standen. Und auch auf dem Gelände der 1966 stillgelegten Zeche versuche sich die Natur Gebiete zurückzuerobern.

Zuschauer in der Ausstellung "Polessje -Elegie - Das verlorene Land" im Industriemuseum Zeche Zollern Dortmund

In der weitläufigen Schachthalle haben die großformativen Ölgemälde Raum, um ihre Wirkung zu entfalten. Foto: IBB Dortmund – Stephan Schütze

In vielen Grautönen zeigt Hermann Buß das verlassene Sperrgebiet, verfallende Häuser, einen alten Friedhof mit einem neuen Grab. „Hermann Buß‘ Bilder zeigen was ist und eröffnen gerade dadurch einen Raum, für das was war,  was werden kann, was sich verändern könnte“, beschrieb Prof. Dr. Julia Helmke, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, die fotografisch genauen Kunstwerke, die die Betrachter mit Fragen konfrontieren. „Diese Gemälde lassen innere Bilder im Betrachter entstehen“, sagte der westfälische Präses a.D. Alfred Buß über die Werke des ebenfalls aus Ostfriesland stammenden Künstlers, dessen Schaffen Alfred Buß erstmals vor acht Jahren kennengelernt hatte. „Die Ausstellung thematisiert den Verfügungswahn des Menschen, der zur Folge hat, dass die Welt unverfügbar wird.“

Etwa 60 Gäste verfolgen die Ausstellungseröffnung. Foto: IBB Dortmund - Mechthild vom Büchel

Etwa 60 Gäste verfolgen die Ausstellungseröffnung. Foto: IBB Dortmund – Mechthild vom Büchel

Dabei lassen die Werke des 1951 geborenen Künstlers Hermann Buß Interpretationen offen, laden zum eigenen Erfassen der Ereignisse und ihrer Folgen ein. Erst 2017 und 2018 hatte sich der Künstler zum ersten Mal intensiver mit dem EU-Nachbarland und seiner Geschichte beschäftigt. „Ich war plötzlich gefesselt von dieser Landschaft“, erzählte er im von Ralf Tyra, Leiter des Hauses kirchlicher Dienste Hannover, moderierten Künstlergespräch. So habe er selbst erst spät und durch die Begegnungen ermessen können, was Tschernobyl für die Betroffenen bedeutet – und auch, wie sehr die Belarussen im Zweiten Weltkrieg unter den Deutschen gelitten hatten. Seine Ansprache zur Ausstellungseröffnung finden Sie hier.

In der Schachthalle unter dem Förderturm (r.) haben die großformatigen Gemälde einen attraktiven Ausstellungsraum gefunden. Foto: IBB Dortmund -Stephan Schütze

In der Schachthalle unter dem Förderturm (r.) haben die großformatigen Gemälde einen attraktiven Ausstellungsraum gefunden. Foto: IBB Dortmund – Stephan Schütze

Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers, die die Wanderausstellung initiiert hat, möchte den Blick auch auf die Versöhnungsarbeit lenken, die sich infolge der Reaktorkatastrophe ab 1991 entwickelt hat. „Seit vielen Jahren empfangen Initiativen in Deutschland mit großem ehrenamtlichen Engagement Kinder aus Tschernobyl für Erholungsaufenthalte“, rief Oberlandeskirchenrat Rainer Kiefer dem Publikum in Erinnerung. „Dass Eltern aus Belarus uns ihre Kinder anvertrauen, ist eine wunderbare Entwicklung, die uns beschenkt“, sagte er. „Versöhnung kann nur entstehen, wenn Menschen sich austauschen.“

Eine weitere Gelegenheit zu einer persönlichen Begegnung mit dem Künstler gibt es im Rahmen des Evangelischen Kirchentags in Dortmund: Von Donnerstag, 20. Juni, bis Samstag, 22. Juni 2019, steht Hermann Buß jeweils von 13 bis 14 Uhr für persönliche Gespräche zur Verfügung.

Für Samstag, 22. Juni 2019, sind von 11 bis 12.30 Uhr sowie von 15 bis 16.30 Uhr Gesprächsrunden mit Zeitzeugen und Experten geplant zum Thema „Leben mit der Katastrophe“.   Als Gesprächspartner werden Darya Balotnikava aus Gomel (Belarus), Hermann Buß aus Leer, Dr. Aliaksandr Dalhouski, stellvertretender Leiter der Geschichtswerkstatt „Leonid Lewin“Minsk, und Dr. Astrid Sahm, Geschäftsführerin der IBB gGmbH Dortmund erwartet.

Die Ausstellung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers ist bis zum 22. Juli 2019 von Dienstag bis Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Unterstützt wird die Ausstellung von der IBB gGmbH Dortmund als IBB-Beitrag zum Evangelischen Kirchentag.

Fotos: IBB Dortmund – Mechthild vom Büchel / Stephan Schütze.

Alle Informationen über die Termine der Wanderausstellung „Polessje-Elegie – Das verlorene Land“ finden Sie hier.

Weitere Informationen über die IBB-Arbeit zur Erinnerung an die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl finden Sie hier. 

Weitere Informationen über das Förderprogramm Belarus finden Sie hier.