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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Belarussische Region Brest erarbeitet Leuchtturm-Projekt zur Kreislaufwirtschaft

Belarussische Region Brest erarbeitet Leuchtturm-Projekt zur Kreislaufwirtschaft

Die Region Brest in Belarus arbeitet in internationaler Zusammenarbeit mit dem IBB Dortmund und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie an einem Leuchtturm-Projekt zur Kreislaufwirtschaft. Erstes Ziel ist die Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Das Projekt dient der „Kapazitätsbildung zur strategischen Planung und Steuerung von regionalem Strukturwandel in Belarus“ und wird gefördert aus dem Regionalfonds „Verwaltungsreform in der Östlichen Partnerschaft“ der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Belarus verfolgt im Kontext der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie unter anderem das Ziel, die Abfallmengen zu verringern und die Recyclingquoten zu erhöhen. Über innovative Konzepte aus Westeuropa hatte Dr. Henning Wilts vom Wuppertal Institut bereits bei einem Runden Tisch am 22. März 2019 in Minsk berichtet, den das IBB Dortmund im Rahmen des Förderprogramms Belarus ermöglicht hatte.

Beim zweitägigen Workshop „Potentiale der Kreislaufwirtschaft für die regionale Entwicklung in Belarus“ am 9. und 10. Oktober 2019 in Wuppertal (unser Foto rechts) wurde der Dialog mit einer Delegation aus Belarus vertieft: Zwei Studien zur Abfallwirtschaft in Belarus und in der südwestlich gelegenen Region Brest sowie eine SWOT-Analyse zu Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken dienten als Grundlage eines intensiven Arbeitsgesprächs. Welche Informationen zu Abfällen aus den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen gibt es? Wie ist die Entsorgung oder Weiterverarbeitung von Abfällen bisher praktisch und rechtlich geregelt? Wie werden Abfallmengen erfasst? Und: Welche Kosten fallen für die Abfallbeseitigung an? Am Ende stand ein Plan: Als Leuchtturm-Projekt soll eine Kreislaufwirtschaftsstrategie für die Region Brest erarbeitet werden, die die Lebensmittelindustrie in den Blickpunkt nimmt. Sie erscheint aufgrund der Wirtschaftsstruktur der Region Brest als am besten geeignet und es gibt bisher erst wenige Untersuchungen.

Lebensmittelabfälle entstehen nicht nur in den Haushalten, sondern auch in der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion. Über Mengen und Möglichkeiten der Weiternutzung gibt es bereits Informationen und Erfahrungswerte. Überproduktion wird in Westeuropa teilweise zu niedrigeren Preisen abgegeben, an soziale Projekte wie Tafeln* oder Suppenküchen* gespendet oder an Tiere verfüttert. Zudem können Abfälle teilweise schon in der Produktion vermieden werden durch eine geschickte Verwertung zum Beispiel aller Teile eines Tieres.

Insgesamt werden organische Abfälle in Belarus allerdings noch unzureichend erfasst, so dass realer Handlungsbedarf besteht. In Trainings sollen zudem Fragen der Entwicklung von industriellen Symbiosen, besseren statistischen Erfassung und Entwicklung nachhaltiger Verpackungssysteme behandelt werden, um das Entstehen von Lebensmittel- und Plastikabfällen frühzeitig zu verhindern. Am Beispiel der Kreislaufwirtschaft für die Lebensmittelindustrie wird gleichzeitig auch die Verwaltung geschult durch Workshops und weitere Bildungsbausteine, die das IBB Dortmund und das Wuppertal Institut organisieren werden. „Die Implementierung der Kreislaufwirtschaft stellt regionale Akteure vor eine große Herausforderung“, sagte Dr. Astrid Sahm, Geschäftsführerin der IBB gGmbH Dortmund, die das Projekt strategisch steuert. „Die Teilmaßnahme verfolgt besonders das Ziel, die staatlichen Akteure zur Erarbeitung und Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsmodellen zu befähigen, so dass sie geeignete Anreize und Regeln für Unternehmen entwickeln.“

Dr. Astrid Sahm, Geschäftsführerin der IBB gGmbH Dortmund, leitete eine Diskussion über das  Kreislaufwirtschafts-Projekt für die Region Brest beim Runden Tisch in Minsk.

Die Ergebnisse des Workshops in Wuppertal wurden einem breiteren Kreis vorgestellt am 18. Oktober 2019 bei einem weiteren Runden Tisch in Minsk zum Thema „Kapazitäten und Schwerpunktbereiche für die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft in Belarus“. Damit war das Leuchtturm-Projekt für die Region Brest Thema bei der jährlichen internationalen wissenschaftlichen Konferenz „Fragen der Prognose und der staatlichen Regulierung der sozial-ökonomischen Entwicklung“. Der  Runde Tisch wurde vom IBB Dortmund gemeinsam mit der UNDP-Vertretung in Belarus, dem Forschungsinstitut des Wirtschaftsministeriums der Republik Belarus, und dem Forschungszentrum BEROC organisiert. Jurij Tschebotar, stellvertretender Wirtschaftsminister, hatte Vertreter aus Wissenschaft, Verwaltung, Nichtregierungsorganisationen und der Unternehmerschaft am Runden Tisch begrüßt. Er hatte betont, dass die Schonung der Ressourcen für die exportorientierte belarussische Wirtschaft eine hohe Priorität genieße. Außerdem sei die Vermeidung von Plastikverpackungen weltweit ein zentrales Ziel.

Dr. Astrid Sahm riet in ihrem Grußwort allerdings auch zu einem langen Atem bei der Erarbeitung und Umsetzung der Strategie. „Damit das vorhandene Potenzial vollständig ausgeschöpft werden kann, stehen wir vor einer sehr komplexen Aufgabe, weil substanzielle Veränderungen in Planungsansätzen erforderlich sind.“ Es gebe auch in Deutschland und Westeuropa zwar schon einige Erfahrungen, aber auch noch viele offene Fragen in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft. „Wir sind an einem Austausch und an einem Lernen voneinander interessiert.“

Die belarussische Delegation beim Workshop im Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie in Wuppertal am 9. Oktober 2019 mit Dr. Astrid Sahm, Geschäftsführerin der IBB gGmbH  Dortmund und Hanna Perfetti (Projektkoordination).

Alle Fotos: IBB „Johannes Rau“ Minsk und IBB Dortmund

Weitere Informationen finden Sie (in belarussischer Sprache) hier. 

Einen Bericht des Wuppertal Instituts zum Projekt in Belarus finden Sie hier.