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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Delegation aus Belarus informiert sich über Erinnerungskultur in Nordrhein-Westfalen

Delegation aus Belarus informiert sich über Erinnerungskultur in Nordrhein-Westfalen

Wie wird die Erinnerung an die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte an die junge Generation weitergeben? Welche Rolle spielt staatliche Förderung und welche Rolle spielt das zivilgesellschaftliche Engagement von Initiativen? Diesen Fragen ging eine hochrangig besetzte Delegation, zu der Ihar Yurkevich, stellvertretender Bürgermeister der Stadt Minsk gehörte, aus Belarus auf einer Studienfahrt vom 23. bis 27. Mai 2018 in Nordrhein-Westfalen auf den Grund. In Münster, Dortmund und Hemer ermöglichte das IBB Dortmund einen Erfahrungsaustausch mit Akteuren der Erinnerungsarbeit.

Mit einer Diskussion über die künftige Bildungsarbeit zum Vernichtungsort Trostenez in Belarus mit 20 Akteuren der Erinnerungsarbeit aus Deutschland begann das Programm der Studienreise in Dortmund am Donnerstag, 24. Mai 2018.

Der Lernort Villa ten Hompel in Münster informiert heute über die Verbrechen der Polizeibataillone während der NS-Zeit.

Am Freitag, 25. Mai 2018, machten sich die Delegationsmitglieder mit der Tätigkeit der Geschichtswerkstatt in Münster bekannt: Der Lernort Villa ten Hompel befindet sich einer früheren Fabrikantenvilla, in der ab April 1940 das Hauptquartier der Ordnungspolizei untergebracht war. Heute informiert ein Museum über die Verbrechen der Polizeibataillone im Zweiten Weltkrieg. Die Villa ten Hompel ist nicht nur ein Museum, sondern auch eine Dokumentationsstelle für Historiker und alle Interessierten. Thomas Köhler und Peter Römer, wissenschaftliche Mitarbeiter des Museums, berichteten über die Arbeit und diskutierten mit den Gästen Perspektiven gemeinsamer Projekte zur Erforschung von NS-Verbrechen.

Über den Lernort zum ehemaligen Zwangsarbeiter- Stammlager VI a informierte sich die Delegation aus Belarus in Hemer.

Am Samstag, 26. Mai 2018, besuchte die Delegation aus Minsk in der Kleinstadt Hemer – etwa 30 Kilometer entfernt von Dortmund – den Gedenkort Stalag VIa. Zur NS-Zeit lebten in diesem Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager bis zu 30.000 Zwangsarbeiter aus Polen, Belgien, Frankreich, Italien und der Sowjetunion. Den russischen Zwangsarbeitern erging es häufig besonders schlecht, berichtete Eberhard Thomas vom Verein für Hemeraner Zeitgeschichte e.V. Viele Jahre wurde die Geschichte des Stammlagers verdrängt. Noch 1982 sorgte die erste Gedenkfeier auf dem Duloh-Friedhof für Unverständnis und Empörung. Heute steht ein Gedenkraum zur Verfügung. Mehrmals im Jahr besuchen Angehörige ihre Vorfahren auf dem Friedhof.

Vize-Bürgermeister Camminadi hatte die Besuchergruppe persönlich begrüßt. Eberhard Thomas und Ingrid Bertram vom örtlichen Geschichtsverein standen für Fragen, insbesondere zur ehrenamtlichen Betreuung des Gedenkortes zur Verfügung.

Die Delegation hatte mit diesen Besuchen unterschiedliche Organisationsformen kennengelernt mit denen auch an schwierige Kapitel der eigenen Ortsgeschichte erinnert wird. Die Münsteraner Geschichtswerkstatt zum Beispiel wird zum Teil vom Staat finanziell unterstützt, um an die Beteiligung der Polizei an den NS-Verbrechen zu erinnern, während die Initiative in Hemer ihre Arbeit auf Freiwilligenbasis entwickelt und die Geschichte der NS-Opfer aus anderen Ländern erforscht.

Die Studienfahrt wurde gefördert durch das MOST-Programm (Mobilitätsprogramm für zielgerichtete interpersönliche Kontakte)— ein Projekt der EU, das auf die Erweiterung der Kontakte zwischen der Bürgern der EU und Belarus zum Erfahrungsaustausch und zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses ausgerichtet ist.