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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Fortbildung DoKuMente widmete sich der Zuwanderung aus Südosteuropa

Fortbildung DoKuMente widmete sich der Zuwanderung aus Südosteuropa

Seit dem 1. Januar 2014 gilt für Menschen aus Rumänien und Bulgarien die volle EU-Freizügigkeit und 7977 Menschen sind so bis heute nach Dortmund gekommen. Doch wie geht es den Zugewanderten in Deutschland und vor welchen besonderen Herausforderungen stehen sie? Diesen Fragen ging die Qualifizierungsreihe DoKuMente des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks e. V. am Samstag, 20. Mai 2017, in einem Kompaktseminar in Dortmund auf den Grund.

Aufmerksam verfolgten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Erfahrungsberichte der Referenten.

Aufmerksam verfolgten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Erfahrungsberichte der Referenten. Foto: Mechthild vom Büchel – IBB e.V.

Frank Merkel und Elena Genova vom Büro „Willkommen Europa“ in Dortmund und Orhan Jasarovski, Mitarbeiter der Stadt Wuppertal, gaben als fachkundige Referenten einen Überblick über spezielle Problemlagen dieser Migrantengruppe, die aktuell ein wenig im Schatten der Flüchtlingsthematik steht. Zugewanderte aus Rumänien, Bulgarien und aktuell auch aus Mazedonien können nach ihrer Einschätzung die Unterstützung durch die neu ausgebildeten Dortmunder interkulturellen Mentoren besonders gut gebrauchen.

Anders als beispielsweise Schutzsuchende aus Syrien genießen die EU-Zugewanderten aus Südosteuropa zwar rechtlich Freizügigkeit und damit sofort vollen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Der weitere Aufenthalt und besonders die Gewährung sozialer Unterstützungsleistungen hängen aber davon ab, ob die neu Zugewanderten Arbeit finden, Berufsnachweise haben oder ihre aktive Arbeitssuche belegen können.

Orhan Jasarovski, Foto: mechthild vom Büchel - IBB e.V.

Orhan Jasarovski, Foto: Mechthild vom Büchel – IBB e.V.

Neu ist, so berichtete Orhan Jasarovski aus dem Ressort Zuwanderung und Integration der Stadt Wuppertal, „dass die Vorschrift, Kindergeld nur bei Nachweis einer Arbeit zu gewähren, nun strikt angewendet wird“. Auch seien schon vereinzelt Personen zur Vorstellung bei der Behörde geladen worden, die drei bzw. sechs Monate nach ihrer Einreise noch keine Arbeit oder Arbeitssuche vorweisen konnten. Sie wurden dann zur Ausreise aufgefordert – konnten allerdings z. B. über Holland sofort wieder einreisen. Diese Regelung stieß bei den Teilnehmenden auf Unverständnis, da hier nur zusätzlicher bürokratischer Aufwand betrieben werde.

In Wuppertal informieren sich die Zuwanderungswilligen vorab häufig telefonisch schon aus Bulgarien über die Bedingungen zur Zuwanderung und reisen mit Erspartem für die ersten Monate ein, um etwaige Wartezeiten bis zur Arbeitsaufnahme zu überbrücken. Deutlich wurde, dass sich die Struktur der Zugewanderten in beiden Städten erheblich unterscheidet. Während in Wuppertal eher gut Qualifizierte Rat suchen, kommen in Dortmund zumeist Menschen mit sehr geringer Qualifizierung in die Beratung. Viele der Zugewanderten kommen aus derselben Gemeinde, aus Plovdiv (Bulgarien), zum Teil sogar aus demselben Stadtteil. Folglich ist die erste Frage in der Beratung oft, welche Kompetenzen die Zugewanderten mitbringen und wo sie einsetzbar wären.

Frank Merkel, Foto: Mechthild vom Büchel - IBB e.V.

Frank Merkel, Foto: Mechthild vom Büchel – IBB e.V.

In Dortmund werde auch versucht, mit kleinen Zertifikaten wie z. B. einem Stapelfahrerführerschein Kompetenznachweise zu erstellen und somit die Chance auf eine Arbeitsvermittlung zu erhöhen, berichtete Frank Merkel und demonstrierte am sogenannten „Mondmobil“ mit komplizierter Verschraubung, wie auch handwerklich-motorische Fähigkeiten getestet werden können. Dennoch liegt die Arbeitslosenquote der Zugewanderten aus den beiden EU2-Ländern in Dortmund sehr deutlich über dem Durchschnitt. Auch gibt es immer wieder Abbrecher, die aus sprachlichen oder anderen Gründen die gefundene Arbeitsstelle wieder aufgeben. Daher wäre auch für diese Personengruppe eine Unterstützung in der ersten Zeit der Arbeitsaufnahme sinnvoll.

Eine weitere Hürde stellt noch immer – wie bereits beim Inklud:Mi- Netzwerkkongress 2016 beklagt – die Krankenversicherung dar, weil unter anderem Vorversicherungszeiten nachgewiesen werden müssen. Viele Zugewanderte aus Südosteuropa tappen häufig auch in die Fallen vermeintlicher Unterstützer, die für Mieten oder Hilfen im Behördendschungel Wucherpreise und illegale Vermittlungsgebühren verlangen und Zugewanderte in Kredite und andere Abhängigkeiten treiben. Dies trifft besonders oft Romafamilien oder die türkischsprachigen Zugewanderten, die aus Bulgarien, Rumänien oder Mazedonien, nach Deutschland kommen. Aktuell kommen auch Menschen aus Spanien und Italien auf der Suche nach Beschäftigung nach Dortmund und auch in die Beratungsstelle. Eines der größten Probleme stellt die Wohnungssuche dar. „Wenn Vermieter hören, dass Bulgaren eine Wohnung suchen, lehnen sie die Bewerber meist ungesehen ab“, schilderte Elena Genova vom Büro „Willkommen Europa“: „Immer wieder stehen Familien oder Einzelpersonen vor unserer Tür und wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll.“

Die Qualifizierungsreihe DoKuMente befasst sich noch bis November 2017 mit Aspekten zur Integration neu Zugewanderter und Geflüchteter. Im Anschluss erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihr Abschlusszertifikat und können spätestens dann mit der ehrenamtlichen Begleitung von Zugewanderten beginnen.

Ein neuer Basiskurs beginnt mit einer Informationsveranstaltung im Dezember 2017. Der genaue Termin wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben. Interessierte können sich ab sofort im IBB e. V. unter der Rufnummer 0231-952096-0 näher informieren und vormerken lassen.