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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Geschichtswerkstatt Tschernobyl feiert fünften Jahrestag

Geschichtswerkstatt Tschernobyl feiert fünften Jahrestag

Die weltweit erste Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw feiert heute, am 24. April 2017, den fünften Jahrestag ihrer Gründung und stellt aus diesem Anlass ihr neues elektronisches Zeitzeugenarchiv und das Buch „Tschernobyl – Skizzen vom Ort des Geschehens“ vor. „Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl darf nicht vergessen und verdrängt werden“, sagt Dr. Astrid Sahm, Geschäftsführerin des IBB Dortmund, das die Gründung der Geschichtswerkstatt initiiert hat.

Erinnerung an Tschernobyl an die nächste Generation weitergeben

Diese GIF-Animation zeigt: Aus den dunkel und lilafarbenen stilisierten Blättern eines Windrädchens formt sich in orange- und Rottönen ein Kreis, der sich am Ende in einen grünen Blumenrahmen verwandelt.

Das neue Logo der Geschichtswerkstatt Tschernobyl. Die Darstellung zeigt: Aus der Katastrophe und ihren Folgen formen die Akteure der  Geschichtswerkstatt eine gemeinsame Zukunft.

Die Geschichtswerkstatt Tschernobyl wird gemeinsam mit dem Deutsch-Ukrainischen Netzwerk und dem städtischen Liquidatoren-Verband „Sojus Tschernobyl“ in Charkiw geführt. Sie hat sich zu einer wichtigen Anlaufstelle für die ehemaligen Liquidatoren von Tschernobyl und andere Hilfesuchende entwickelt.

Zu den Gratulanten gehören Abordnungen der Liquidatoren-Verbände, von denen viele in der östlichen Ukraine beheimatet sind, sowie Vertreter der Stadt und des Gebiets Charkiw. Dr. Wolfgang Mössinger, Generalkonsul der Bundesrepublik, versicherte den Gästen in seinem Grußwort: „Die deutsche Unterstützung für ukrainische Organisationen wie diese Geschichtswerkstatt oder diejenigen, die sich um die medizinischen und sozialen Spätfolgen kümmern, bleibt bestehen.“ Denn: „In der Tat ist es Zeit sich zu fragen, wie die Warnung von Tschernobyl für die nächsten Generationen aktuell und wach gehalten werden kann.“

Elektronisches Zeitzeugenarchiv

Einen Beitrag leistet das elektronische Zeitzeugenarchiv, das über die neue Website der Geschichtswerkstatt Tschernobyl zugänglich ist (www.1986.org.ua). „Es gibt zahlreiche Forschungen und wissenschaftliche Studien zu den technischen Aspekten der Katastrophe, über den Reaktor, den Sarkophag und die neue Schutzhülle“, sagt Lubov Negatina, Leiterin der Geschichtswerkstatt. „Das ist zweifellos wichtig. Doch ich hoffe sehr, dass unser Zeitzeugenarchiv einen Anstoß gibt zu einer reflektierten Auseinandersetzung mit den sozialen und humanen Aspekten von Tschernobyl.“ Seit 2011 reisen Zeitzeugen aus der Ukraine, die 1986 in Tschernobyl als Soldaten, Feuerwehrleute, Piloten oder Krankenschwestern im Einsatz waren, jeweils im Vorfeld des Tschernobyl-Jahrestages am 26. April persönlich zu Zeitzeugengesprächen nach Westeuropa im Rahmen der vom IBB Dortmund organisierten Europäischen Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“.

Professor Oleg Veklenko veröffentlicht Buch zum Jahrestag

Einer der früheren Liquidatoren, Oleg Veklenko (Foto), ist heute Design-Professor an der Staatlichen Akademie für Architektur und Design in Charkiw. Sein Buch „Tschernobyl – Skizzen vom Ort des Geschehens“, das zum fünften Jahrestag der Geschichtswerkstatt erscheint, zeigt bisher unveröffentlichte Fotos und ergänzende Skizzen vom gefährlichen Einsatzort der Liquidatoren. Das Buch, das zeitgleich in russischer und ukrainischer Sprache erscheint, führt eindrucksvoll vor Augen, unter welch haarsträubenden Bedingungen die Liquidatoren arbeiten mussten und was sie leisten mussten, um eine noch weit schlimmere Katastrophe für Europa zu verhindern.

Zum fünften Jahrestag schauen Träger und Gratulanten zuversichtlich in die Zukunft: „Die Geschichtswerkstatt Tschernobyl ist als Treffpunkt sowohl für die Tschernobyl-Erinnerung als auch die Entfaltung des sozialen Dialogs eine wichtige Anlaufstelle geworden“, sagt Dr. Astrid Sahm. „Wir werden die Arbeit gemeinsam mit den Betroffenen weiterentwickeln.“

Über die Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw:

Seit ihrer Gründung 2012 hat die Geschichtswerkstatt bisher elf Projekte durchgeführt, die meisten davon in Kooperation mit IBB Dortmund und projektbezogenen mit Förderungen durch das Auswärtige Amt, das Osteuropa-Hilfswerk der Katholischen Kirche in Deutschland Renovabis, die Evangelische Kirche von Westfalen sowie Aktion Mensch. Die Projekte zielten auf eine Stärkung des Selbsthilfepotentials und des sozialen Dialogs besonders der Tschernobyl-Betroffenen, die Entwicklung von Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen und auf eine Unterstützung für Binnenflüchtlinge infolge des Konflikts um die Ost-Ukraine

In den fünf Jahren ihres Bestehens hat die Geschichtswerkstatt Tschernobyl mehr als 300 eigene Trainings, Seminare u.ä. mit etwa 8.000 Teilnehmern durchgeführt, mehr als 5.000 Beratungen für Angehörige ihrer Zielgruppen geleistet und mehr als 1.000 Angehörige ihrer Zielgruppen mit Medikamenten, Lebensmitteln, Brennholz u.ä. unterstützt. Der Aufbau der Geschichtswerkstatt als Begegnungs- und Beratungsstätte für Tschernobyl-Betroffene war durch eine Förderung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ermöglicht worden. Sie wird inzwischen auch von zahlreichen NRO in Charkiw als Treffpunkt genutzt.

Das Grußwort von Generalkonsul Dr. Wolfgang Mössinger finden Sie hier.

Weitere Informationen über die Arbeit der Geschichtswerkstatt Tschernobyl finden Sie hier.

Zur Website der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw geht es hier.

Alle Fotos: Valerij Skribitzkij – Geschichtswerkstatt Tschernobyl