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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

IBB Dortmund engagiert sich weiter für soziale Unternehmen in der Ukraine

IBB Dortmund engagiert sich weiter für soziale Unternehmen in der Ukraine

Alles andere als rosig war das Bild, das die Teilnehmer des Nationalen Forums der sozialen Unternehmen von Behindertenverbänden am Dienstag, 6. Dezember 2016, in Kiew zeichneten. Das IBB Dortmund beteiligte sich gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw bereits zum zweiten Mal an dieser wichtigen, von der Nationalen Assambleja der Behinderten der Ukraine organisierten Veranstaltung.

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Aufmerksam verfolgten die Zuhörerinnen und Zuhörer die Vorträge.

Angesichts der Wirtschaftskrise kämpfen derzeit viele der insgesamt 317 sozialen Unternehmen von ukrainischen Behindertenverbänden ums Überleben. So beschäftigen sie in diesem Jahr insgesamt 600 behinderte Mitarbeiter weniger als im Vorjahr. Infolge der von der Regierung zum 1. Januar 2017 beschlossenen Verdoppelung des Mindestlohns, den die Sozialunternehmen zahlen müssen, droht ein weiterer Rückgang. Zudem fehlt den Unternehmen das Geld für dringend notwendige Modernisierungen. Gleichzeitig nimmt infolge des Kriegs in der Ostukraine die Zahl von behinderten Menschen im erwerbstätigen Alter zu – und damit auch der Bedarf an entsprechenden Arbeitsplätzen.

Grundsätzlich gibt es in der Ukraine zahlreiche gesetzlich verankerte Instrumente, um soziale Unternehmen mit einem mindestens 50-prozentigen Anteil von behinderten Menschen an der Belegschaft zu unterstützen. So müssen beispielsweise alle Arbeitgeber, die die vorgeschriebene Beschäftigungsquote von vier Prozent zur Einstellung behinderter Menschen nicht erfüllen, eine Ausgleichsabgabe zahlen. Aus diesem Fonds sollen dann die sozialen Unternehmen unterstützt werden. Allerdings ist die Zahlungsdisziplin der Arbeitgeber so gering, dass die zuständige Behörde sich gezwungen sieht, zahlreiche Arbeitgeber zu verklagen, um auf dem Gerichtsweg zumindest einen Teil der fälligen Abgaben zu erhalten. Unternehmervertreter versuchen derzeit sogar eine vollständige Abschaffung der Ausgleichsabgabe zu erreichen.

Dr. Astrid Sahm, Geschäftsführerin des IBB Dortmund, am Rednerpult bei ihrem Vortrag.

Dr. Astrid Sahm, Geschäftsführerin des IBB Dortmund, berichtete, wie das System der Ausgleichsabgabe in Deutschland funktioniert.

Vor diesem Hintergrund waren die deutschen Expertenbeiträge für die am Forum teilnehmenden NRO- und Staatsvertreter von großer Bedeutung. IBB-Geschäftsführerin Astrid Sahm berichtete, wie das System der Ausgleichsabgabe in Deutschland funktioniert, und versuchte damit Argumentationshilfe zur Verteidigung der Ausgleichsabgabe in der Ukraine zu geben. Peter Stadler, Geschäftsführer der Fachberatung für Arbeits- und Firmenprojekte (FAF), gab einen Einblick in die politische Lobbyarbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsfirmen in Deutschland. Dabei hob er unter anderem die Wichtigkeit von soliden Monitoring-Berichten zum Nachweis der inklusiven Wirkung der sozialen Unternehmen hervor. Zudem berichtete er über die bevorstehende Gründung einer europäischen Assoziation der nationalen Dachverbände von sozialen Unternehmen und lud die ukrainischen Teilnehmer zur Mitarbeit in dieser Assoziation ein.

Das IBB Dortmund unterstützt soziale Unternehmen in den Regionen Charkiw und Dnipropetrowsk

Damit zeichnete Peter Stadler zugleich auch Perspektiven für die weitere IBB-Arbeit in der Ukraine. Gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw unterstützt das IBB Dortmund dank Projektförderungen durch Aktion Mensch und das Auswärtige Amt bereits seit 2014 Gründungsinitiativen und bestehende soziale Unternehmen in den Regionen Charkiw und Dnipropetrowsk durch Fortbildungen und Beratungen. Im Rahmen der diesjährigen Projektförderung durch das Auswärtige Amt konnten die Leiterin der Geschichtswerkstatt Tschernobyl Ljubov Negatina und die Geschäftsführerin der Nationalen Assambleja Viktoria Nazarenko zudem Mitte November 2016 für eine Woche im Berliner Büro der FAF hospitieren – und dabei wichtige Anregungen für die langfristige Entwicklung von Beratungsangeboten in der Ukraine sammeln.

Weitere Informationen über die Arbeit der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw finden Sie hier.