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IBB Dortmund gibt Impuls zur Erinnerung an den Vernichtungsort Trostenez in Belarus

IBB Dortmund gibt Impuls zur Erinnerung an den Vernichtungsort Trostenez in Belarus

Sie wurden zu Tausenden deportiert, erschossen oder auf Lastwagen vergast, in Massengräbern verscharrt, später exhumiert und verbrannt. Mindestens 50 000, wenn nicht sogar mehr als 200 000 Juden aus West- und Osteuropa fanden einen grausamen Tod in Trostenez. Etwa zehn Kilometer südöstlich von Minsk lag in den Jahren 1941 bis 1944 jener Tatort des Holocaust, der heute nur wenigen bekannt ist. „Das Maß an Brutalität und Grausamkeit, wie es in Belarus seinen Ausdruck fand, ist sicher von nicht zu überbietender Dimension“, resümiert Wolfram Maas, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Belarus, in der jüngsten Dokumentation „Der Vernichtungsort Trostenez in der europäischen Erinnerung“, die das IBB Dortmund jetzt veröffentlicht hat.

„Die Erinnerung an den Holocaust hat in Deutschland einen Namen: Auschwitz“, sagt Professor Manfred Zabel, Vorstandsmitglied des IBB Dortmund und der IBB „Johannes Rau“ Minsk: „Unbekannter war bis vor wenigen Jahren der Ort Trostenez.“

Dabei war Trostenez zumindest in Osteuropa ein Begriff. Der frühere Gutshof und seine Umgebung wurden zur Kulisse grausamer Verbrechen in einem Land, das unter dem deutschen Vernichtungsfeldzug besonders zu leiden hatte. Jeder dritte Bürger von Belarus wurde Opfer des Zweiten Weltkriegs.

Ein erster Schritt zur Erinnerung an die Ermordeten von Trostenez wurde am 3. September 1944 getan, als die sterblichen Überreste der verbrannten Menschen bestattet wurden. Mehr als 10 000 Menschen aus Minsk und den umliegenden Dörfern nahmen an der Trauerfeier  teil. In den 1970er Jahren gab es Impulse in Belarus, die Geschichte des Vernichtungsortes zu thematisieren, doch immer auch Vorbehalte.

Die Auswertung historischer Dokumente und einiger Augenzeugenberichte sowie der Anstoß durch den deutschen Journalisten Paul Kohl haben erst seit den 1980er Jahren nach und nach viele Mosaiksteine zusammengesetzt: So lassen sich heute die Wege vieler Opfer nachvollziehen, die in Sonderzügen zu Hunderten aus Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf und Berlin, aus Österreich, Ungarn und Tschechien nach Minsk gebracht wurden. Viele Schicksale von Juden aus Westeuropa konnten geklärt werden, immer mehr Namen von Menschen, die in Trostenez den Tod fanden, werden bekannt.

Mit dem Namen Trostenez verbinden sich genau genommen drei Orte, die zu Schauplätzen von Massenmorden wurden: der Wald von Blagowschtschina, in dem in 34 Gruben Zehntausende von jüdischen Menschen erschossen wurden, die Ortschaft Schaschkowka, in der eine Grube mit einem Krematorium eingerichtet wurde, und eine niedergebrannte Scheune auf dem eigentlichen Gut Malyj Trostenez, die ebenfalls zu einem Massengrab von mehreren Tausend Juden wurde.

„Hier wurden massenhaft Menschen ermordet, denen wir unser Gedenken schulden und das Versprechen: Nie wieder!“, sagt Professor Manfred Zabel. Das IBB hat die Initiative ergriffen, einen würdigen Ort der Erinnerung zu schaffen, und wirbt nun Unterstützer: „Wir hoffen und wünschen uns, dass der Grundstein für die Gedenkstätte Trostenez 2014 zum 70. Jahrestag der Befreiung (3. Juli 1944) gelegt werden kann“, sagt Peter Junge-Wentrup, Geschäftsführer des IBB Dortmund.

Die Dokumentation „Der Vernichtungsort Trostenez in der europäischen Erinnerung“ fasst auf 62 Seiten die Ergebnisse der internationalen Konferenz im März 2013 zusammen und  zeigt auch die Entwürfe für die geplante Gedenkstätte. Die Publikation kann bestellt werden beim IBB Dortmund unter der Rufnummer 0231-952096-0 und sie steht zum Download bereit unter www.ibb-d.de.