Nachrichten

Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

IBB Dortmund vermittelt Erfahrungsaustausch zwischen Arnsberg und Belarus

IBB Dortmund vermittelt Erfahrungsaustausch zwischen Arnsberg und Belarus

Wie geht man mit negativen demografischen Veränderungen um? Wie schafft man eine gerechte Gesellschaft, in der es auch für ältere Menschen einen würdigen Platz und eine angemessene gesellschaftliche Aufgabe gibt? Wie baut man in einer kleinen Stadt notwendige Netzwerkstrukturen auf, die eine bessere inklusive Seniorenarbeit ermöglichen? Diese und andere Fragen standen auf dem zweitägigen Besuchsprogramm der Mitglieder der belarussischen NRO-Koalition „Für aktive Langlebigkeit“, die vom 24. bis zum 27. März 2019 zu Besuch in Arnsberg waren.

Die Studienfahrt hatte die Fachstelle Zukunft Alter der Stadt Arnsberg im Rahmen des Förderprogramms Belarus organisiert. Am ersten Tag standen Besuche in der Tagespflege der Caritas und des Senioren-Betreuungsdienstes caramundi sowie ein intensiver Austausch mit dem Arnsberger Seniorenbeirat auf dem Programm.

In der Brutzelküche im Mehrgenerationenhaus arbeiten alle zusammen am gemeinsamen Mahl. In der Brutzelküche im Mehrgenerationenhaus arbeiten alle zusammen am gemeinsamen Mahl. Foto: Martin Polenz
Busbegleiter unterstützen ältere Menschen unterwegs im Busverkehr, damit sie sicher unterwegs sind und sicher ankommen. Foto: Martin Polenz

In der 75.000-Einwohner-Stadt Arnsberg im Sauerland lernten die Gäste aus Belarus interessante Ideen kennen, wie ältere Menschen sozial integriert werden können. So gibt es zum Beispiel Busbegleiter und gegenseitige Besuche von Senioren und Vorschulkindern sowie ein Generationen-Magazin, das über interessante Termine und neue Angebote informiert. Zudem stellte die Fachstelle Zukunft Alter die so genannte Notfalldose vor, die viele Senioren inzwischen zuhause in ihrem Kühlschrank aufbewahren: Sie enthält ein Lichtbild und eine kompakte Kurzinformation über die häufig lange Liste von Vorerkrankungen und verordneten Medikamenten. Die Notfalldose hatten der Seniorenbeirat der Stadt, das Deutsche Rote Kreuz, die Rettungsdienste, die Fachstelle Zukunft Alter und eine ortsansässige Firma gemeinsam entwickelt. Die Idee: Im Notfall finden Sanitäter oder Ärzte schnell lebenswichtige Hintergrund-Informationen über ihren Patienten oder ihre Patientin.

Gemeinsam für altersfreundliche Kommunen

Diese und weitere Ideen und Projekte, die von mehreren Arnsberger Organisationen vorgestellt wurden, stießen auf großes Interesse bei der belarussischen Gruppe. Sehr beeindruckt waren die Teilnehmerinnen der Delegation unter anderem vom Besuch der Kinder aus der Kita „Kleine Eiche“ und der einfühlsamen Erzählung des Märchens „Froschkönig“ durch die Märchenerzählerin Elke Wirth in der Caritas-Tagespflege sowie vom gemeinsamen Kochen und Mittagessen in der Brutzelküche des Mehrgenerationenhauses in Arnsberg. Am zweiten Tag stand ein Workshop  mit dem Team der Fachstelle Zukunft Alter und Birgitt Braun vom Demenz-Servicezentrum Region Südwestfalen im Mittelpunkt: Dort ging es um relevante inhaltliche Fragen zum Thema „Alter als Chance“ und weitere Schritte für die Organisationsentwicklung der belarussischen Koalition aus zivilgesellschaftlichen Organisationen „Für würdiges Leben im Alter“.

Akteure aus der Arbeit in Arnsberg berichteten am Workshop-Tag am „Runden Tisch“ über ihre Erfahrungen in der Kleinstadt im Sauerland. Foto: Martin Polenz

In einer Diskussionsrunde mit Dirk Wiese, Bundestagsabgeordneter und Koordinator für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft, wurden wichtige Impulse und die Bedeutsamkeit der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit für die deutsch-belarussischen Beziehungen besprochen. Mit dem Bürgermeister der Stadt Arnsberg, Ralf Paul Bittner, sprach  die Gruppe über(kommunal-) politische Aspekte der altersfreundlichen Stadt: Warum nimmt die Kleinstadt die Weiterentwicklung der Angebote für Ältere so ernst – obwohl Seniorenarbeit keine Pflichtaufgabe ist? Und wer hält die vielen verschiedenen Handlungs-Fäden zusammen? Denn hinter dem breit gefächerten Angebot stehen häufig Stadt und Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und Ehrenamtliche gemeinsam.

Die Erfahrung in Deutschland zeigt, dass für die Schaffung einer altersfreundlichen Kommune die Vereinigung der Kräfte aller Akteure und Partner unerlässlich ist. Um erfolgreich miteinander zu kooperieren brauche man generell nicht nur verschiedene Institutionen und Organisationen, die dazu bereit sind, sondern auch aktive Vermittler, engagierte Netzwerker, „Türöffner, die wie Spinnen solche ‚Spinnennetze’ aufbauen“, berichtete Marita Gerwin von der Fachstelle Zukunft Alter der Stadt Arnsberg.

Hintergrund der Studienfahrt , die das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk gGmbH Dortmund und die IBB „Johannes Rau“ Minsk organisiert hatten, ist die dramatische demografische Entwicklung in Belarus, in deren Folge der Anteil von älteren Menschen in Städten und Dörfern aktuell bei über 14 Prozent liegt und stetig wächst. Allerdings gibt es bis heute keine umfassende nationale Strategie zur Seniorenarbeit, die komplexe Ansätze und ressortübergreifende Zusammenarbeit bei der Lösung von Problemen und Schaffung günstiger Lebensbedingungen für Senioren beinhaltet. Im Herbst 2018 kündigte das belarussische Ministerium für Arbeit und Soziales die Erarbeitung einer Nationalen Strategie des Aktiven Alterns an. Unterschiedliche zivilgesellschaftliche Organisationen aus verschiedenen Regionen haben sich im November 2018 zusammengeschlossen, um sich gemeinsam für bessere Rahmenbedingungen für ältere Menschen einzusetzen und sich in die Entwicklung der Nationalen Strategie einzubringen. Außerdem hat die NRO-Koalition das Ziel, dass die älteren Menschen in die Erarbeitung der Vorschläge sowie in die Entscheidungsfindung und das Monitoring der Umsetzung der geplanten Strategie und Beschlüssen stärker einbezogen werden.

Das gemeinsame Kochen in der Brutzelküche und viele weitere praktische Ideen zur Inklusion der Älteren begeisterten die Gäste aus Belarus. Foto: Martin Polenz

Der Besuch in Arnsberg vermittelte viele interessante Anregungen und Wissen für die belarussische Delegation, welche Angebote auch in Belarus funktionieren könnten.

Der demografische Wandel ist bereits seit 2016 ein Thema im Förderprogramm Belarus (FpB) der  deutschen Bundesregierung. Eine erste Studienreise nach Arnsberg hatten das IBB und die Fachstelle Zukunft Alter bereits im September 2018 organisiert.

Unser Foto oben zeigt die Gruppe aus Belarus mit dem Arnsberger Bürgermeister Ralf Paul Bittner, der die Gäste persönlich im Rathaus begrüßt hatte. Foto: Steffi Schnura – Pressestelle der Stadt Arnsberg

Weitere Informationen über die Fachstelle Zukunft Alter der Stadt Arnsberg.

Weitere Informationen über das Förderprogramm Belarus finden Sie hier.