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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

IBB e.V. erweitert Angebot von Gedenkstättenfahrten für Schulen und Jugendgruppen um die Ziele Majdanek, Sobibór und Bełżec

IBB e.V. erweitert Angebot von Gedenkstättenfahrten für Schulen und Jugendgruppen um die Ziele Majdanek, Sobibór und Bełżec

Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk e. V. in Dortmund erweitert sein Angebot an Gedenkstättenfahrten für Schulen und Jugendgruppen um weitere Ziele: Denn die Vernichtungslager im Osten Polens wie zum Beispiel das frühere Konzentrationslager Majdanek sind bestens geeignet für eine pädagogisch anspruchsvolle Spurensuche Nationalsozialismus.

„Auschwitz als der Symbolort des Holocaust zieht inzwischen mehr als eine Million Besucher pro Jahr an“, berichtet Agata Grzenia, seit sechs Jahren Projektmanagerin für Gedenkstättenfahrten beim IBB e.V.. „Die Lernorte im Osten Polens dagegen bieten sehr interessante Anknüpfungspunkte für eine Beschäftigung sowohl mit dem Holocaust, als auch mit der wechselvollen polnischen Geschichte und der jüdischen Kultur“, sagt Agata Grzenia. „Was uns sehr überzeugt hat: Jugendgruppen finden dort Ruhe und hochinteressante Angebote für ihre pädagogische Arbeit.“

Warschau: Stop am Ghettoplan während der Stadtführung

Warschau: Stopp am Ghettoplan

Im Oktober verschafften sich Agata Grzenia (im Bild rechts), Susanne Wycisk und Bartholomäus Fujak vom IBB (beide nicht im Bild) bei einer Rundreise einen Eindruck von Lernorten der Erinnerung in Polen. Unser Foto zeigt einen Stopp am Ghettoplan in Warschau.

Agata Grzenia und Bartholomäus Fujak, Projektmanager beim IBB e.V., hatten sich in einer Fortbildung Ende Oktober selbst einen Eindruck verschafft von den Lern- und Gedenkorten. Durch die Lage des ehemaligen Lagers Majdanek am Rande der geschichtsträchtigen, polnischen Stadt Lublin, aber auch durch die Anreise über Warschau und die Nachbarschaft der früheren Vernichtungslager Bełżec und Sobibór können unterschiedliche thematische Akzente gesetzt werden. Jugendliche dürfen in der Gedenkstätte Majdanek mit historischen Dokumenten arbeiten und sie können multimediale Angebote nutzen. Tiefen Eindruck hinterließ auch die Konzeption des Lernortes Bełżec. „Die besondere Architektur der Gedenkstätte berührt Besucher und bietet dadurch viel Raum zur Reflexion“, sagt Bartholomäus Fujak, Projektmanager beim IBB e.V..

Das IBB e.V. entwickelt Programme für Gedenkstättenfahrten jeweils im engen Dialog mit Schulen und Jugendorganisationen. Welche pädagogischen Möglichkeiten die verschiedenen Lernorte im Osten Polens eröffnen, beschreiben die folgenden Fotos.

Warschau: Die Reise nach Ostpolen beginnt für viele Schülergruppen am Flughafen der Hauptstadt Polens mit ihrer imposanten Skyline (Foto links). Wer nicht gleich weiterreisen muss, findet schon im Stadtbild viele Spuren der Judenverfolgung wie zum Beispiel das Denkmal für den Aufstand im Warschauer Ghetto (Foto rechts), an denen die pädagogische Arbeit mit Schülerinnen und Schülern beginnen kann. Im erst 2013 eröffneten Museum Polin (auf Hebräisch bedeutet der Namen Po-lin „Hier kannst du ruhen“) auf dem Gelände des Warschauer Ghettos können Schülergruppen an interaktiven Multimedia-Installationen vieles über die wechselvolle Geschichte Polens und speziell über die Geschichte der osteuropäischen Juden erfahren (Foto Mitte). Zudem wohnen in der Hauptstadt noch Überlebende des Holocaust, die für Zeitzeugengespräche zur Verfügung stehen.

Lublin: Die Hauptstadt der Woiwodschaft Lublin liegt spürbar abseits der Touristenströme. In der restaurierten Altstadt sind die Menschen geschichtsbewusst: Sie erinnern stolz an die Blütezeit der Stadt  im Mittelalter und blicken kritisch auf das schwere Schicksal im vorigen Jahrhundert, denn die deutschen Besatzer machten das frühere Zentrum der ostpolnischen Juden nahezu dem Erdboden gleich. Heute sind viele alte Gebäude restauriert wie zum Beispiel das Stadttor – einst Eingangstor zum jüdischen Viertel (Foto links) – und auch der frühere Sitz des „Hauptquartiers der Aktion Reinhard“ (Foto rechts). Das „Stadttor-Theater NN“ hat sich aus einer Privatinitiative zu einem ungewöhnlichen Dokumentationszentrum jüdischer Vergangenheit der Stadt entwickelt: Für jeden früheren jüdischen Bewohner der Stadt wurde eine Akte angelegt, in der Fotos und andere Dokumente gesammelt werden (Foto Mitte). Nicht alle Akten sind mit Inhalt gefüllt, sie warten noch darauf, dass Dokumente ergänzt werden. Manchmal finden sich Verbindungen zu früheren jüdischen Bewohnern des Ruhrgebiets.

Der Vernichtungsort Bełżec: Das Lager Bełżec diente allein der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung und die meisten Spuren wurden 1943 zerstört, damit nichts mehr an die Verbrechen erinnert. Heute hält eine Gedenkstätte die Erinnerung wach. Aufgetürmte Schlacke symbolisiert die verbrannten Körper der von Wissenschaftlern vermuteten Zahl von rund 600 000 Opfern. Ein Mittelgang durchschneidet das Areal. Zum Ende hin türmen sich die grauen Steine bis zu neun Meter hoch auf – und vermitteln dem Besucher das Gefühl beklemmender Enge. Inschriften erinnern an die Herkunftsorte der Opfer wie Dortmund, Wuppertal, Düsseldorf und Köln (Foto links). Das moderne Museum (Foto Mitte) erzählt die Geschichte des Vernichtungsortes mit Fotos und Dokumenten. Es bietet zudem einen Raum der Stille (Foto rechts).

Majdanek: Es war das erste deutsche Konzentrationslager auf polnischem Boden und lag vor den Toren der Stadt Lublin (Foto rechts). Majdanek wurde bereits Ende 1944 Staatliches Museum. Wachtürme, Wirtschaftsgebäude, Baracken, Gaskammern und das Krematorium wurden restauriert, so dass der Besucher eine Vorstellung erhält, unter welchen Bedingungen die Häftlinge dort lebten (Foto links). Das Mausoleum (Foto Mitte) bewahrt die sterblichen Überreste ermordeter Menschen. Das gut ausgestattete Besucherzentrum bietet eine Besonderheit: Schülergruppen dürfen – ausgerüstet mit Handschuhen und nach einer entsprechenden Einweisung – mit historischen Dokumenten arbeiten. „Schülerinnen und Schüler können hier teilweise sogar Spuren zurückverfolgen zu ihren Heimatstädten“, lobt Bartholomäus Fujak. „Der Lernort Majdanek besticht durch seine Ruhe und Intensität, mit der sich die Schülergruppen mit der Geschichte beschäftigen können – und durch die räumliche Nähe zu Lublin, Bełżec und Sobibór.“

Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk e.V. organisiert Gedenkstättenfahrten für Schulklassen und Jugendgruppen bereits seit 1986 und beantragt als nichtschulischer Träger der Jugendarbeit auch Fördermittel. Wichtiger Tipp für alle, die eine Gedenkstättenfahrt planen möchten: Um alle Fördermöglichkeiten ausschöpfen zu können, sollten sich Interessierte spätestens vier Monate vor dem geplanten Termin an das IBB wenden: Per Mail an Agata Grzenia oder Bartholomäus Fujak oder telefonisch unter 0231-952096-0.

Alle Fotos: IBB e.V. – Bartholomäus Fujak