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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

IBB e.V. startet Projekt „Wandel.Wechsel.Wende“ zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit

Zeitzeugen aus der ehemaligen DDR erzählen in Schulen über die Wende

Zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit bringt das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk e.V. in Dortmund mit dem Projekt „Wandel. Wechsel. Wende“ vier Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der Wendezeit in fünf Schulen in Ahlen, Unna, Herne, Mettmann und Waltrop.

In der Mont-Cenis-Gesamtschule Herne, in der Realschule Waltrop, in der Hans-Helmich-Förderschule in Mettmann, in der Fritz-Winter Gesamtschule Ahlen und im Werkstatt Berufskolleg Unna berichten Gisela Kallenbach, Andreas Kosmalla, Thomas Pilz und Dr. Hans-Peter Seitz, wie sie das Leben in der DDR und die Wendezeit erlebt haben.

„Wir möchten Schülerinnen und Schülern ergänzend zu ihrem Lehrbuch-Wissen auch vermitteln, dass die Wende das Ergebnis eines demokratischen Prozesses war und dass Geschichte ‚gemacht‘ wird“, sagt Max Gröllich, seit 1. März 2020 Referent im IBB e.V. und zuständig für Projekte zur Erinnerungskultur.

Alle vier Zeitzeugen waren 1989/1990 in verschiedenen Städten in der damaligen DDR politisch aktiv. In den Zeitzeugengesprächen werden sie berichten, welche Hoffnungen sie in die Wende gesetzt hatten und inwieweit sich ihre Wünsche erfüllt haben.

Das Projekt wird gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Thomas Pilz, geb. 1965, ist heute der Geschäftsführer der Hillerschen Villa in Zittau. Geboren als viertes Kind einer Pfarrersfamilie geriet Pilz bereits 1981 als Jugendlicher durch einen Aufnäher mit dem Slogan der Evangelischen Kirche „Schwerter zu Pflugscharen“ in Schwierigkeiten. 1989 war er Mit-Herausgeber der oppositionellen Zeitung „Lausitzbotin“ und aktiv in einer Zittauer Umwelt- und Friedensgruppe. 1989 meldete er für den Bezirk Dresden das Neue Forum an.

Andreas Kosmalla, geb. 1962 in Neuruppin, war das älteste von drei Kindern und wuchs in einer Pfarrersfamilie in Jena (Thüringen) auf. Bereits die Schule empfand er als Anti-Welt, in der ein anderer „Glaube“ zählte. Als Jugendlicher fand er im „Arbeitertheater des Kombinats Carl Zeiss Jena“ einen „Hafen des freien Denkens, Sprechens und Handelns“. Von Herbst 1989 bis Oktober 1990 engagierte er sich beim Neuen Forum Jena. Später war er mehr als 20 Jahre Bildungsreferent in der außerschulischen Jugendbildung und gestaltete das Zusammenwachsen kirchlicher Jugendarbeit mit. Seit 2015 arbeitet er als Flüchtlingsheimleiter in Brandenburg.

Gisela Kallenbach, geb. 1944 in Sodlin/Neumark, arbeitete seit 1982 in der Arbeitsgruppe Umweltschutz unter dem Dach der Kirche. 1989 gehörte sie zu denjenigen, die die Auszählung der Kommunalwahl beobachteten und später wegen der Wahlfälschung Klage erhoben. Sie gründete im Dezember 1989 ein Bürgerkomitee mit und kandidierte später als Parteilose für die Grünen. Sie war von 2004 bis 2009 Europaabgeordnete und gehörte vom 2009 bis 2014 dem Sächsischen Landtag an.

Dr. Hans-Peter Seitz, geb. 1942 in Dresden, hatte in der DDR schon früh Schwierigkeiten bekommen, weil er sich als junger Mann geweigert hatte, weiter Mitglied der Gesellschaft für Sport und Technik, einer paramilitärischen Massenorganisation zu sein, die an Schulen für die vormilitärische Ausbildung zuständig war. Später im Studium traf er auf seinen Doktorvater Hans-Jürgen Fischbeck, Mitbegründer der Bürgerbewegung „Demokratie jetzt!“. Nach der Wende war Dr. Seitz von 1991 bis 2001 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses für die SPD.