Nachrichten

Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

IBB-Treffen bereitet auf die Gedenkreise zur Übergabe des zweiten Bauabschnitts im Wald von Blagowschtschina vor

IBB-Treffen bereitet auf die Gedenkreise zur Übergabe des zweiten Bauabschnitts im Wald von Blagowschtschina vor

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren für einen historischen Moment in der deutsch-belarussischen Erinnerungsarbeit: Am 29. Juni 2018 wird der zweite Bauabschnitt der Gedenkstätte Trostenez im Wald von Blagowschtschina in feierlichem Rahmen der Öffentlichkeit übergeben. Mehrere 100 Gäste aus Ost und West werden  gemeinsam der Menschen gedenken, die während der NS-Besatzung am Stadtrand von Minsk ermordet worden waren.

Rund 100 Akteure aus der Erinnerungsarbeit in Deutschland nehmen an der Gedenkreise nach Minsk teil,  die das IBB Dortmund vom 28.  Juni bis 1. Juli 2018 anbietet. Etwa 20 Vertreter der Unterstützer-Kreise aus Berlin, Hamburg, Bremen, Frankfurt, Köln und Düsseldorf, sowie Vertreter des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und Renovabis begrüßte IBB-Geschäftsführerin Dr. Astrid Sahm am Donnerstag, 24. Mai 2018, in Dortmund.

Informationen aus erster Hand erhielten sie von der Delegation, die eigens aus Belarus angereist war, angeführt vom stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Minsk, Ihar Yurkevich.

Die Bauarbeiten seien im Zeitplan, versicherten die Architektinnen Galina Lewina aus der Meisterwerkstatt Leonid Lewin und Anna Aksionova vom Minsk-Projekt. Sie präsentierten aktuelle Fotos von der Baustelle und erläuterten, wie sich das Mahnmal „Der Weg des Todes“ in das insgesamt 40 Hektar umfassende Areal der Erinnerung eingliedert. „Es ist immer ein emotionaler Moment für einen Architekten, wenn eine Baustelle fertig wird“, sagte Galina Lewina, Tochter des 2014 verstorbenen Künstlers und Architekten Leonid Lewin sichtlich bewegt. Doch beim Mahnmal „Der Weg des Todes“ sei es weit mehr. Bei jeder Begehung dieses Weges, der Tausende in den Tod geführt hat, sei ihr die Geschichte dieses Ortes bewusst. „Trostenez ist für viele von uns ein Teil unseres Lebens geworden“, sagte sie sichtlich bewegt. Ihren Dank widmete sie deshalb besonders auch den Bauarbeitern, die sich während der Arbeiten an diesem Ort zunehmend auch mit seiner Geschichte beschäftigt haben.

Dr. Astrid Sahm kündigt den Bericht von Dr. Viktor Balakirev und Peter Junge-Wentrup (r.) über die Meilensteine auf dem Weg zur Gedenkstätte Trostenez an.

Peter Junge-Wentrup, langjähriger Geschäftsführer des IBB Dortmund und Initiator der Spendenkampagne für den zweiten Bauabschnitt, und Dr. Viktor Balakirev, Direktor der IBB „Johannes Rau“ Minsk, hatten die Meilensteine auf dem Weg zum Mahnmal „Der Weg des Todes“ in Erinnerung gerufen. Die rund 50 Gäste im „Reinoldinum“ richteten ihren Blick aber auch besonders auf die Zeit nach der Fertigstellung. Denn die Gedenkanlage soll den Impuls zu einer lebendigen Erinnerungsarbeit geben.

Vater Fjodor Powny, Erzpriester der Gedächtniskirche Aller Heiligen in Minsk, der selbst drei Angehörige in Trostenez verloren hat, sagte, das Mahnmal müsse Teil einer Triade der Erinnerung werden. Die Asche der Ermordeten aus dem Wald von Blagowschtschina, die in der Krypta in Minsk aufbewahrt wird, die Gedenkanlage selbst und das geplante Informationszentrum, das in einem vorhandenen Gebäude eingerichtet werden soll, müssten drei Orte sein, die sich aktiv an die junge Generation wenden und die Erinnerung wachhalten mit der Botschaft „Nie wieder Krieg!“.

Thomas Rey (r.) vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. stellte die Erinnerungsarbeit des Riga-Komitees als Beispiel vor.

Doch wie kann eine aktive Erinnerungsarbeit in Belarus aussehen? Thomas Rey vom Referat Erinnerungskultur und Netzwerkarbeit beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. schilderte als Beispiel die Arbeit des Riga-Komitees. Denn auch das Denkmal Bikernieki am Stadtrand von Riga erinnert an Opfer der NS-Zeit aus Riga und vielen westeuropäischen Städten. Die Erinnerungsarbeit erhalte immer wieder neue Impulse aus dem Riga-Komitee, dem sich inzwischen 55 Städte aus Deutschland angeschlossen haben. Moderiert und koordiniert werde die Netzwerks- und Erinnerungsarbeit vom Volksbund, der regelmäßig auch Workcamps für Jugendliche aus Deutschland anbietet. Am Rande wies er auf eine Verbindung von Riga und Minsk hin: Einige der Täter aus Riga seien später als Täter in Minsk aktiv gewesen.

Dr. Iryna Kashtalian, Leiterin der Geschichtswerkstatt „Leonid Lewin“ Minsk, bietet ihre Hilfe an bei der Organisation von Gedenkstättenfahrten.

Für die Geschichtswerkstatt „Leonid Lewin“ Minsk berichtete die neue Leiterin Dr. Iryna Kashtalian,  dass das Team auch für Anfragen aus Westeuropa offen ist und gedenkstättenpädagogische Studienfahrten gern unterstützt. Dr. Kashtalian hatte die vielfältige Arbeit der Geschichtswerkstatt vorgestellt, die für Überlebende des Holocaust, Historiker und ausländische Gäste eine wichtige Anlaufstelle geworden sei. Die Arbeit der Geschichtswerkstatt verlagere sich zurzeit. Standen früher die hoch geschätzten persönlichen Begegnungen mit Zeitzeugen im Mittelpunkt der Bildungsarbeit, arbeitet das Team nun verstärkt mit Lernmaterialien, wie unter anderem den Tondokumenten aus dem virtuellen Zeitzeugenarchiv.

Dr. Stefan Mühlhofer, Direktor der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache und kommissarisch Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund, hatte die Grüße des Oberbürgermeisters überbracht. Prof. Manfred Zabel, Vorstandsmitglied des IBB e.V., berichtete vom jüngsten Telefonat mit der Holocaust-Überlebenden Ljuba Abramowitsch, die heute 98 Jahre alt ist. Sie lasse aus Brooklyn grüßen, wo die weitere Entwicklung rund um die Gedenkstätte Trostenez aufmerksam verfolgt werde.

Die Delegation aus Belarus, angeführt von Ihar Yurkevich (3.v.l.), folgt aufmerksam den Vorträgen und Berichten. Fotos: IBB-Dortmund – Mechthild vom Büchel

Weitere Informationen über die Initiative des IBB Dortmund finden Sie hier.