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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Inspirierender Austausch beim ersten Forum „Würdiges Altern: Gleiche Möglichkeiten für alle Generationen“ in Minsk

Inspirierender Austausch beim ersten Forum „Würdiges Altern: Gleiche Möglichkeiten für alle Generationen“ in Minsk

Am internationalen Tag der Senioren, am 1. Oktober 2019, trafen sich fast 200 Vertreter aus Belarus, Deutschland, Österreich, Russland, Kasachstan, Kirgisistan, der Ukraine, Israel und Estland in Minsk zum ersten Forum des aktiven Alterns. An zwei Tagen diskutierten sie über die Fragen: Wie können bedarfsgerechte Angebote für die älter werdende Gesellschaft geschaffen werden? Wie können die Rechte der Älteren gewahrt und in allen Planungsprozessen berücksichtigt werden? Wie schafft man eine altersfreundliche Gesellschaft? Eingeladen hatte die belarussische NRO-Koalition „Für würdiges Altern“, die sich 2018 dank der Unterstützung des Förderprogramms Belarus gegründet hatte. Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk gGmbH in Dortmund, die Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft und die UNFPA-Repräsentanz in Belarus hatten die Tagung mit organisiert und unterstützt.

Publikum beim ersten Forum des aktiven Alterns in Minsk unterstützt vom Förderprogramm Belarus.

Fast 200 Interessierte verfolgten die Vorträge beim ersten Forum des aktiven Alterns in Minsk.

Der demografische Wandel verlangt auch in Belarus nach Antworten auf Fragen, die vor wenigen  Jahrzehnten so noch nicht gestellt werden konnten: Schon heute ist jeder fünfte Mensch im EU-Nachbarland Belarus 60 Jahre oder älter. Eine höhere Lebenserwartung auf der einen Seite, sinkende Geburtenraten auf der anderen Seite verstärken den weltweit beobachteten Trend. Schon im Jahr 2030 dürfte der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung in Belarus auf ein Viertel gestiegen sein. Diesem Wandel müssen sich Regierung und Zivilgesellschaft auch in Belarus stellen. „Es ist notwendig, ein neues Verständnis für das Image und die Rolle der Senioren zu entwickeln, um eine Gesellschaft für alle Altersgruppen zu entwickeln“, sagte Alexander Rumak, stellvertretender Minister für Arbeit und Sozialschutz in seiner Ansprache zur Begrüßung der Tagungsgäste in Minsk. Er präsentierte den im Sommer veröffentlichten Entwurf der neuen Nationalen Strategie „Würdiges Altern 2030“: Sie schafft im Kontext der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 2030 den konzeptionellen Rahmen für die Planung konkreter Maßnahmen, um die gesellschaftliche Teilhabe der Älteren zu gewährleisten und befindet sich zurzeit im Abstimmungsprozess.

Jaime Nadal, Repräsentant des UNFPA, bei seiner Ansprache in Minsk am Rednerpult vor einem Aufsteller Förderprogramm Belarus.

Jaime Nadal, Repräsentant des UNFPA, unterstrich die Vorteile der alternden Gesellschaft für das Zusammenleben aller Generationen.

Die alternde Gesellschaft biete die einmalige Chance, einen Vorteil für das Zusammenleben aller Generationen zu entwickeln, sagte Jaime Nadal, Repräsentant des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA). Der internationale Austausch könne der Strategieentwicklung positive Impulse geben, sagte Anja Luther, Ständige Vertreterin des deutschen Botschafters in Belarus. Sie hob in ihrem Grußwort das langjährige Engagement des IBB hervor, das im Rahmen des Förderprogramms Belarus seit vielen Jahren den zivilgesellschaftlichen Austausch über Fragen der Nachhaltigkeit und Soziale Innovationen ermöglicht.

Zum Einstieg in die Thematik wurde sodann die Studie zu Bedürfnissen älterer Menschen in Belarus vorgestellt, die mit Unterstützung des IBB Dortmund angefertigt worden war. Die meisten Senioren in Belarus bewerten ihren Lebenszustand als mittelmäßig. Dabei werden als zentrale Faktoren die Einsamkeit und eine schlechte Gesundheitslage genannt. Die sich anschließende Diskussion zeigte, dass die Studie wichtige  Impulse für die weitere Arbeit sowohl des zuständigen Sozialministeriums als auch der NRO gibt. Die zentralen Ergebnisse finden Sie (in belarussischer Sprache) hier.

Ina Voelcker, Projektreferentin Internationale Altenpolitik, beschrieb zudem anschaulich die Arbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO) aus Deutschland. 1989 mit elf Mitgliedsorganisationen gegründet ist die BAGSO heute ein zentrales Sprachrohr der älteren Generation mit fast 200 Mitgliedsorganisationen, das als Interessenvertretung in der Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Gehör findet.

Podlumsdiskussion zum demografischen Wandel in Belarus,

Mehrere Podiumsdiskussionen beleuchteten Aspekte des demografischen Wandels und zivilgesellschaftliche Initiativen von mehreren Seiten.

Die anschließende erste Podiumsdiskussion machte deutlich, dass die alternde Gesellschaft ein Umdenken erforderlich macht: Unterstützende Angeboten zum selbstständigen Leben bis ins hohe Alter, eine vorausschauende, inklusive Stadtplanung und altersgerechte Freizeitangebote sind nötig. Im Dialog wurden Erfahrungen aus dem In- und Ausland diskutiert.

Der zweite Konferenztag widmete sich dem Bild und der Rolle des älteren Menschen in der Gesellschaft. Nach der Vorstellung einer empirischen Studie zum Rollenverständnis und Image ging es in drei parallelen Sektionen um die Einbindung Älterer in die kommunalpolitische Planung, um Bildung und Geschäftsmodelle für und mit Älteren und um soziale Dienstleistungen für Senioren. Mit Ulrich von Dreusche, Sprecher des Seniorenbeirats der Stadt Arnsberg, und Ingrid Dormann, Vorstandsmitglied des Seniorenbeirats der Stadt Arnsberg und der Landesseniorenvertretung in Nordrhein-Westfalen, brachten zwei Gäste aus Arnsberg ihre Erfahrungen aus der kommunalpolitischen Interessenvertretung und aus altengerechten Bildungsangeboten in die Diskussionen ein.

Impulsvortrag von Marita Gerwin beim Forum "Würdiges Altern" in Belarus.

Marita Gerwin stellte die Arbeit der Fachstelle Zukunft Alter in Arnsberg in ihrem Impulsreferat vor.

Zur abschließenden Podiumsdiskussion „Alternde Gesellschaft als Verantwortung aller Bürgerinnen und Bürger“ hielt Marita Gerwin von der Fachstelle Zukunft Alter aus Arnsberg den Impulsvortrag: Früher habe sich der ältere Mensch ins Private zurückgezogen. Heute werde das Leben im höheren Alter nicht mehr als Phase des Stillstands, als „Ruhestand“ betrachtet, sondern als Chance, seine Talente und Erfahrungen anders aktiv einzubringen. Am Beispiel der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Arnsberg beschrieb Marita Gerwin die Rolle der Kommune und ihren Beitrag zum Gelingen eines guten Miteinanders der Generationen: Eine Stadt des langen Lebens sehe das Thema Alter als Querschnittsaufgabe und müsse darum Netzwerke pflegen und Ressourcen – zum Beispiel in Form von Räumen und Personal – bereitstellen. Mit Vertretern der neugegründeten Koalition „Für  würdiges Altern“ sowie Vertretern von staatlichen Institutionen und der UNFPA-Repräsentanz in Belarus entstand ein inspirierender Austausch. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums waren sich einig, dass nur in enger Zusammenarbeit verschiedener Akteure von Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft und durch eine aktive Beteiligung von Senioren selbst die Gestaltung einer altersfreundlichen Gesellschaft möglich sei.

Die Nationale Strategie „Würdiges Altern 2030“ soll ab 2021 umgesetzt werden und Senioren als Menschen „im goldenen Alter“ mehr als bisher wertschätzen. Alexander Rumak:

„Senioren sind Menschen, die über Wissen, Erfahrung und geistiges Potential verfügen: Wir müssen Bedingungen schaffen, um dieses Wissen zu nutzen und diesen Menschen ein würdiges Alter zu ermöglichen.“

Impressionen vom ersten Forum „Würdiges Altern“:

Das Förderprogramm Belarus wird den Prozess in der neunten Phase weiter begleiten und  unterstützen: Deutsch-belarussische Partnerschaftsinitiativen können noch bis zum 1. Dezember 2019 Projektskizzen einreichen und Projekte zur inklusiven und gleichberechtigten Gesellschaft realisieren.

Das Forum wurde gemeinsam organisiert:

  • Koalition „Für würdiges Altern“
  • Internationale gesellschaftliche Vereinigung „Verständigung“ (Minsk)
  • Verein „Dritter Sektor“ (Grodno)
  • Gesellschaftliche Vereinigung „Belarussische Assoziation von Sozialarbeitern“ (Minsk)
  • Jüdischer Wohltätigkeitsverein „Hesed Rahamim“ (Minsk)
  • Belarussische Vereinigung von Gerontologen
  • Forschungsinstitut des Ministeriums für Arbeit und Sozialschutz Belarus

Das Forum wurde unterstützt vom

  • Förderprogramm Belarus
  • UNFPA Belarus und von der
  • Internationalen gesellschaftlichen Vereinigung „Verständigung“ Minsk / Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft.

Alle Fotos auf dieser Seite: Koalition „Für würdiges Altern“.

Weitere Informationen über das Förderprogramm Belarus finden Sie hier.