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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Land Nordrhein-Westfalen unterstützt europäische Initiative für Gedenkstätte Trostenez

Land Nordrhein-Westfalen unterstützt  europäische Initiative für Gedenkstätte Trostenez

Wenige Tage vor dem 75. Jahrestag der Pogromnacht am 9. November hat Kulturstaatssekretär Bernd Neuendorf am späten Montagnachmittag (4. November) eine prominent besetzte, deutsch-belarussische Delegation im Kulturministerium in Düsseldorf empfangen. Die Gäste – angeführt von Matthias Tümpel, Vorsitzender des IBB Dortmund und Erzbischof Tadeush Kondrusiewicz, Katholische Kirche Belarus – stellten die detaillierten Pläne vor für die Errichtung einer neuen Holocaust-Gedenkstätte Trostenez in der Nähe der belarussischen Hauptstadt Minsk.

Das neue Mahnmal „Der Weg des Todes“ soll an die vielen Opfer erinnern, die unter anderem aus Düsseldorf, Bonn und Köln nach Trostenez deportiert und grausam ermordet wurden. Das IBB Dortmund hat zur Verwirklichung der Pläne eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt das Anliegen einer Grenzen überwindenden, aktiven Erinnerungsarbeit durch die Förderung einer Gedenkreise zur geplanten Grundsteinlegung zu Pfingsten 2014.

„Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist ein wichtiger Bestandteil der europäischen Verständigung. Auch Weißrussland war Schauplatz ungeheurer Verbrechen durch den Nationalsozialismus, von Genozid und Massenmord, von Vertreibung und ethnischen Säuberungen“,

sagte Bernd Neuendorf, Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. „Welche Schlussfolgerungen für ein Europa des Friedens und der Menschenrechte zu ziehen sind, sollte Gegenstand einer breiten gesellschaftlichen Debatte sein. Im Rahmen des internationalen Jugendaustausches oder bei Veranstaltungen von Initiativen, wie dem Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk Dortmund, werden solche Debatten grenzüberschreitend geführt. Trostenez ist ein Ort, der sich besonders für ein gemeinsames Gedenken von Weißrussen und Deutschen und für eine lebendige Erinnerungsarbeit eignet.“

„Ich freue mich, dass sich das Land unseres gemeinsamen Projektes annimmt und den lebendigen Lernprozess in den Mittelpunkt stellt“,

bedankte sich Peter Junge-Wentrup, Geschäftsführer des IBB Dortmund, für die Unterstützung.

Vertreter der Gedenkstättenarbeit in Nordrhein-Westfalen, die ebenfalls an dem Gespräch teilnahmen, und Matthias Tümpel, Vorsitzender des IBB Dortmund, unterstrichen die einmalige historische Chance:

„Wenn wir die Gedenkstätte Trostenez nicht jetzt verwirklichen, dann wird es möglicherweise nie mehr gelingen.“

Erzpriester Fjodor Powny, Vertreter der Orthodoxen Kirche in Belarus, drückte seine Hoffnung aus, dass die deutsch-belarussische Gemeinschaftsinitiative eine neue Ära der Erinnerungskultur und der Versöhnung einleitet. Anna Aksjonowa, zuständige Projektleiterin bei der Stadt Minsk, betonte die Unterstützung durch die Stadt:

„Die Gedenkstätte Trostenez ist nicht so sehr für die Ermordeten gedacht als für die nächsten Generationen, damit sie sich an die Vergangenheit erinnern und das Schreckliche nicht wiederholen.“

Vertreter der Erinnerungsarbeit aus Nordrhein-Westfalen bestätigten, dass viele Namen und Schicksale von Opfern aus dem Rheinland bekannt sind. Deportationszüge führten teilweise direkt an die 34 Gruben, vor denen die Menschen massenweise erschossen wurden.

Galina Lewina, Vertreterin der jüdischen Kulturgemeinde und der Werkstatt Lewin, hatte die detaillierten Gestaltungspläne erläutert:

„Trostenez ist der persönliche Schmerz eines Menschen, einer Stadt, Europas.“

Zur Verwirklichung der Gedenkstätte soll von deutscher Seite ein 50-prozentiger Anteil der Baukosten aufgebracht werden. Die Bethe-Stiftung mit Sitz in Köln verdoppelt alle bis zum 16. Dezember 2013 eingehenden Spenden aus NRW bis zu einer Höhe von 50 000 Euro.

Spendenkonto 2100 2110 44 bei der KD Bank für Kirche und Diakonie (Bankleitzahl 350 601 90) – Bitte mit Stichwort „Trostenez –Düsseldorf“ für die Region Düsseldorf bzw. „Trostenez – Köln“ für die Region Köln.
Zum Hintergrund:

Das IBB Dortmund hatte im September eine Spendenaktion für die neue Gedenkstätte ins Leben gerufen. Zwei Initiativkreise – denen Vertreter der Kommunen, der Kirchen sowie Akteure der Erinnerungsarbeit aus dem Raum Köln-Bonn sowie Düsseldorf angehören – begleiten das Projekt auf lokaler Ebene mit großem Engagement. Leonid Lewin, Architekt und Künstler aus Belarus, hat einen baureifen Gestaltungsentwurf vorgestellt. Der Grundstein soll zu Pfingsten 2014 gelegt werden.

Die Delegation aus Belarus besucht auf ihrer Deutschland-Reise auch die Städte Köln, Frankfurt, Bremen, Hamburg und Berlin. In Berlin werden die Gäste am Samstag, 9. November, an einem Schweigemarsch anlässlich des Jahrestages der Pogromnacht teilnehmen.

„Die Erinnerung an den Holocaust endet in unserer westeuropäischen Wahrnehmung oftmals in Auschwitz, obwohl es auch östlich der polnischen Grenzen systematische Massenmorde gab, die wir nicht länger verdrängen und vergessen dürfen“, sagt Peter Junge-Wentrup, Geschäftsführer des IBB Dortmund und Initiator der Spendenaktion. „Wir sehen die einzigartige Chance, dass mit der Gedenkstätte Trostenez der Horizont unserer gemeinsamen europäischen Erinnerung erweitert werden kann.“

Trostenez ist der einzige große von den Nazis geschaffene Massenvernichtungsort in Europa, an dem es bisher keine angemessene Gedenkstätte gibt. 22.000 Menschen aus Berlin, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Köln und Hamburg wurden nach Trostenez deportiert und ermordet.

Statements der Delegation aus Belarus:

Erzbischof Tadeush Kondrusiewicz, Katholische Kirche Belarus:

„Das Todeslager Trostenez ist ein schreckliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die an diesem Ort mit geistlicher Komponente entstehende Gedenkstätte ist berufen, das Gedenken der unschuldig Getöteten zu verewigen, zu einer Stätte des Gebets und der Versöhnung zu werden, historische Lehren beizubringen und daraus zu lernen, damit es nie wieder auf unserem Planeten Kriege und Gewalt gibt und der Friede herrscht!“

Dr. Viktor Balakirev, Direktor der IBB Minsk:

„Die durch Belarussen in Kooperation mit Westeuropäern geschaffene Gedenkstätte Trostenez wird zu einem wichtigen Element der gesamteuropäischen Erinnerungskultur werden und durch seine Begegnungs- und Bildungsprogramme einen wichtigen Beitrag zur Verständigung und Versöhnung in Europa leisten.“

Erzpriester Fjodor Powny, Orthodoxe Kirche:

„Da der Krieg auch den Tod für Vertreter verschiedener Konfessionen bedeutete, sollte die zukünftige Gedenkstätte Trostenez zum Ort der Versöhnung und Verständigung aller Gläubigen und Ungläubigen werden.“

Anna Aksjonowa, Leiterin des Projekts „Gedenkstätte Trostenez“ bei der Stadt Minsk:

„Die Gedenkstätte Trostenez ist nicht so sehr für die Ermordeten gedacht als für die nächsten Generationen, damit sie sich an die Vergangenheit erinnern und das Schreckliche nicht wiederholen.“

Galina Lewina, Mitglied der Werkstatt Lewin:

„Trostenez ist die Stimme von über 200.000 ermordeten Menschen. Trostenez ist noch ein Beispiel für das Paradoxe des 20. Jahrhunderts – des Hasses des Menschen gegenüber dem Menschen. Trostenez soll eine Mahnung an unser Gewissen sein.“

 

Weitere Informationen zum Hintergrund der Initiative finden Sie hier.