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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Ökumenische Tschernobyl-Konferenz in Kiew

Ökumenische Tschernobyl-Konferenz in Kiew

„Ökologische und anthropologische Dimensionen der Tschernobyl-Katastrophe“

Die Tschernobyl-Liquidatoren standen am Donnerstag, 14. April 2016, im Mittelpunkt einer ökumenischen Konferenz in Kiew, die die griechisch-katholische und die römisch-katholische Kirche gemeinsam mit dem IBB Dortmund und der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw durchführten.

„Die Kirchen sind verpflichtet, den Tschernobyl-Betroffenen eine Stimme zu geben“,

betonte Bischof DsjurachWeihbischof Bohdan Dsjurach (Foto links), der zugleich Sekretär der Bischofssynode der griechisch-katholischen Kirche und Leiter der bischöflichen Kurie ist, in seiner Eröffnungsrede. „Denn die Tschernobyl-Liquidatoren, die die Ukraine und ganz Europa durch ihren heldenhaften Einsatz vor 30 Jahren nach der Reaktorexplosion im AKW Tschernobyl vor schlimmeren Strahlenschäden bewahrt haben, brauchen unsere Solidarität, um nicht vergessen zu werden.“

Bisher, darin waren sich alle Teilnehmer der Konferenz „Ökologische und anthropologische Dimensionen der Tschernobyl-Katastrophe“ einig, stehen in der Ukraine vor allem technische Fragen, wie die Sicherheit der „Sarkophag“ genannten Schutzhülle um den zerstörten Reaktor, im Zentrum der öffentlichen und politischen Aufmerksamkeit. Die Leiterin der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw, Ljubow Negatina, sah daher die besondere Bedeutung der ökumenischen Konferenz darin, dass sie eine Zuwendung zu den betroffenen Menschen vollziehe. Wichtig war daher, dass auch Vertreter aus Parlament und Umweltministerium der Einladung zur Konferenz gefolgt waren – auch wenn sie diese nach ihren Grußworten leider wieder verließen.

Mikola Bondar mit AS und LN                        Mikola Bondar mit Karte
Astrid Sahm (l.), Leiterin der IBB-Repräsentanz in Berlin, Ljubov Negatina, Leiterin der Geschichtswerkstatt Tschernobyl und Mikola Bondar (r.), 1986 Liquidator am Kernkraftwerk Tschernobyl, berichteten auf der Konferenz.

Mit Mikola Bondar kam bei der Konferenz ein Liquidator zu Wort, der als Mitglied des Sonderbataillons 731 bereits in den ersten Tagen nach der Katastrophe unmittelbar am zerstörten Reaktor zum Einsatz kam. „Wir brauchen natürlich eine angemessene soziale Unterstützung, aber noch viel wichtiger ist, dass uns historische Gerechtigkeit wiederfährt und unsere Leistung anerkannt wird“, betonte Bondar in seinem Beitrag. Auch unter den teilnehmenden katholischen und orthodoxen Priestern befanden sich ehemalige Tschernobyl-Liquidatoren, wie beispielsweise der heutige Leiter der griechisch-katholischen Caritas in Dnipropetrowsk Vasil Panteljuk. Im Sommer 1986 war Panteljuk als Arzt in der Tschernobyl-Zone eingesetzt, heute kümmert er sich in der Ostukraine vor allem um Binnenflüchtlinge aus den Kriegsgebieten. Doch auch kranke Tschernobyl-Liquidatoren können im diakonischen Zentrum der Caritas Hilfe finden.

Astrid Sahm, die das IBB Dortmund bei der ökumenischen Konferenz vertrat, stellte den Ansatz der Europäischen Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“ vor:

„Wenn wir möchten, dass junge Menschen begreifen, was diese nuklearen Katastrophen bedeuten, und sich für eine nachhaltige Energieversorgung einsetzen, um neue Katastrophen zu verhindern, dann müssen wir für sie mehr Möglichkeiten zur Begegnung mit Zeitzeugen schaffen. Denn nur aus ihren Berichten wird für Schüler und Studenten anschaulich, wie diese Katastrophen das Leben von ganz normalen Menschen für immer verändert haben.“

Die Bedeutung der Bewahrung der Schöpfung war neben dem Schicksal der Tschernobyl-Liquidatoren das zweite Leitthema der Konferenz. So präsentierte Wolodymyr Scheremeta die Arbeit des Umweltbüros der griechisch-katholischen Kirche, und Larissa Jakowjuk informierte über die bisherigen Erfolge beim Aufbau eines kirchlichen Umweltmanagements in Belarus nach dem Vorbild der Aktion „Grüner Hahn“ in Deutschland.

Ljubow Negatina mit zwei Tschernobyl-Liquidatoren_2

Ljubov Negatina berichtete über die Arbeit der Geschichtswerkstatt Tschernobyl und die Situation der Liquidatoren heute.

Zum Abschluss der Konferenz gedachten die Teilnehmer in einem ökumenischen Gottesdienst, der vom Ökumene-Beauftragten der griechisch-katholischen Kirche Ihor Schaban und vom evangelisch-lutherischen Pastor Pawlo Schwarz gestaltet wurde, allen bereits verstorbenen Tschernobyl-Liquidatoren.

Liquidator Mikola Bondar mit originaler Einsatzkarte

Mikola Bondar präsentierte eine Original-Einsatzkarte aus dem Jahr 1986.

Astrid Sahm bei ihrer Präsentation_2

Astrid Sahm (IBB) stellte das Konzept der Europäischen Aktionswochen vor.

Konferenzsaal

Die Zuhörer verfolgten die Vorträge und Präsentationen aufmerksam.

Weitere Informationen über die Arbeit der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw finden Sie hier.

Weitere Informationen über die Europäischen Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernoybl und Fukushima“ finden Sie hier.