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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Rebecca Harms in der Geschichtswerkstatt Tschernobyl: Dank an die Retter Europas

Rebecca Harms in der Geschichtswerkstatt Tschernobyl: Dank an die Retter Europas

Rebecca Harms, Mitglied des Europäischen Parlaments und Ko-Vorsitzende der Parlamentarischen Versammlung Euro-Nest, aus Vertretern des EU-Parlaments und Staaten der östlichen Partnerschaft, hat am Donnerstag, 26. April 2018, die weltweit erste Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw besucht. „Wenn ich 1988 nicht nach Tschernobyl und in die Sperrzone gekommen wäre, wäre vielleicht mein ganzes Leben anders verlaufen“, sagte Rebecca Harms. Vor Vertretern der Liquidatoren-Verbände aus der Region sprach sie den Versammelten am 32. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ihren ausdrücklichen Dank für ihren Einsatz aus: „Wir wissen, dass Sie nicht nur die Ukraine geschützt haben, sondern auch eine weiträumige Verstrahlung Europas verhindert haben.“ Die Liquidatoren – überwiegend Soldaten, Hubschrauberpiloten und Feuerwehrleute, sowie Vertreter vieler anderer Berufsgruppen wie Ärzte, Krankenschwestern und Köche – waren nach dem Unglück am 26. April 1986 eilig in die Region berufen worden. Unter minimalen Schutzvorkehrungen mussten sie über viele Monate die Folgen der Explosion beseitigen (liquidieren) und verhindern, dass weitere Gebäudeteile explodieren und weitere Strahlung freisetzen. Viele der damals mehr als 800 000 Einsatzkräfte sind bereits verstorben. Die Geschichtswerkstatt Tschernobyl sammelt die Lebenserinnerungen vieler Einsatzkräfte in einem virtuellen Zeitzeugenarchiv.

Rebecca Harms, seinerzeit Fraktionsvorsitzende der Grünen / EFA  im EP, hatte zusammen mit weiteren Mitgliedern des Europäischen Parlaments zum 30. Jahrestag der Reaktorkatastrophe im Jahr 2016 Vertreter der Liquidatoren-Verbände aus der Ukraine und Belarus sowie Vertreter der Tschernobyl-Hilfsinitiativen aus Westeuropa zu einer Konferenz ins Europäische Parlament eingeladen. In diesem Jahr, am 32. Jahrestag der Katastrophe, hatte sie in Kiew eine Videobotschaft abgesetzt: „Viele Menschen neigen dazu zu sagen, dass Tschernobyl mehr als 30 Jahre her ist. Für mich ist das eine falsche Sicht. Es gibt nicht wirklich eine Zeit nach Tschernobyl.“ Tschernobyl sei eine Warnung gewesen und mahne zur energiepolitischen Umkehr – auch in der Ukraine.

Die EU-Abgeordnete würdigte daneben auch den aktuellen Einsatz der Ukrainer, die nicht weit entfernt von Charkiw ihre Landesgrenze zu Russland mit Waffengewalt verteidigen. „Es war für mich eine der traurigsten Erfahrungen in meinem Leben, wie ich 2014 gesehen habe, wie plötzlich ukrainische Soldaten von russischen Soldaten in einen neuen Krieg gezogen worden sind“, sagte sie vor  Vertretern der Vereinigung von ehemaligen ukrainischen Kriegsteilnehmern, die der Geschichtswerkstatt aufgrund ihrer mit denen der Liquidatoren vergleichbaren traumatischen Erfahrungen partnerschaftlich verbunden sind.

Die Geschichtswerkstatt Charkiw hatte zum 32. Jahrestag die Ausstellung „Verlorenes Wiltscha“ (über das aus der Tschernobyl-Region nach Osten umgesiedelte Dorf Wiltscha) und einen Teil der Öko-Poster der X. Triennale des vierten Blocks gezeigt. Außerdem wurde erstmals die deutsche Übersetzung des Buchs „Tschernobyl: Skizzen vom Ort des Geschehens“ von Design-Professor Oleg Veklenko vorgestellt. Der Initiator der X. Triennale des vierten Blocks, sowie André Larivière, Tschernobyl-Netzwerkpartner aus Frankreich, nahmen an der Gedenkstunde teil (unser Foto links).

In Charkiw im Osten der Ukraine leben heute zahlreiche frühere Liquidatoren sowie Umsiedler aus der Region Tschernobyl. Am Vorabend des 32. Jahrestags hatten die Liquidatoren-Verbände wie in jedem Jahr zu einer Gedenkveranstaltung am Mahnmal in Charkiw eingeladen.

Die Geschichtswerkstatt Tschernobyl und das IBB Dortmund gehören außerdem zum Organisationskomitee der X. Triennale von Öko-Postern des vierten Blocks. Die Ausstellung – zeitgleich an drei Orten, nämlich dem Yermilov Centre, der ArtZavodMehanika und der Geschichtswerkstatt Tschernobyl – hatte mehrere tausend,  vorwiegend junge Besucher angelockt und für einen nachhaltigen Lebensstil geworben.

Weitere Informationen über die Arbeit der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw finden Sie hier.

Weitere Informationen über die Europäischen Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“ finden Sie hier.