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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Sozial-Anzeiger dokumentiert Erfolge der Geschichtswerkstatt Charkiw

Erstmals haben 17 Tschernobyl- und Behindertenverbände der Stadt Charkiw ihre Arbeit gemeinsam der Öffentlichkeit präsentiert. In einer Sonderausgabe des „Sozialen Anzeigers“, mit dem die Stadt Charkiw die Entwicklung eines gemeinsamen sozialen NGO-Netzwerks zu fördern versucht, erhalten interessierte Charkiwer Bürger ausführliche Informationen über die Aktivitäten der porträtierten NGOs zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen.

Veröffentlichung dokumentiert erste Erfolge

Die gemeinsame Veröffentlichung ist das Ergebnis eines Vernetzungsprozesses, den das IBB Dortmund und das Deutsch-Ukrainische Netzwerk im Frühjahr 2014 mit finanzieller Unterstützung von „Aktion Mensch“ in der Charkiwer Geschichtswerkstatt Tschernobyl angestoßen haben. Denn obwohl über die Hälfte der Tschernobyl-Betroffenen eine anerkannte Behinderung hat, verstand sich der Charkiwer Tschernobyl-Verband bisher nicht als eine NGO der Behindertenarbeit.

Liquidatoren leisten wichtigen Beitrag zur Inklusion

„Vielen Liquidatoren fällt es schwer, ihren Behindertenstatus anzunehmen, da sie sich als Helden wahrnehmen“, erläutert die Leiterin des Berliner IBB-Büros Astrid Sahm die Gründe für die bisherige Reserviertheit der Tschernobyl-Betroffenen gegenüber den Behindertenverbänden. „Dabei können gerade die Liquidatoren, deren gesellschaftliche Leistung weithin anerkannt wird, einen wichtigen Beitrag zur Inklusion von Menschen mit Behinderung leisten.“

Weihnachtskarten in Brailleschrift und Reliefdruck

Im Dezember 2014 beteiligte sich der Charkiwer Tschernobyl-Verband nun erstmals gemeinsam mit anderen Charkiwer Behindertenorganisationen an der Gestaltung des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung in der Stadt Charkiw. Im Rahmen mehrerer Vernetzungstreffen entstand die Idee, mit Hilfe von „universellen“ Nikolaus- und Weihnachtskarten ein Zeichen für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung zu setzen. Die Universalität der Karten drückt sich in der zusätzlichen Verwendung von Reliefdruck und Brailleschrift aus, so dass sowohl sehende als auch sehbehinderte Menschen sie verstehen können. Für das Design zeichnete die querschnittsgelähmte Alina Fesenko, für den Druck die sehbehinderte Anastasija Gerez verantwortlich. Beide präsentierten die Karten auch aktiv über die lokalen Medien in der Öffentlichkeit. Der Verkauf erfolgte über Buchläden, Kirchengemeinden, Supermärkte etc.

Erlös ermöglicht Druck von Wintermärchen

Aus dem Erlös der mehr als 1.000 verkauften Karten konnten 200 Bücher mit Wintermärchen in Braille- und herkömmlicher Schrift gedruckt werden, die an sehbehinderte Kinder aus sozial schwachen Familien verschenkt wurden. Mit Hilfe dieser kleinen Weihnachtskampagne konnten somit mehrere Ziele gleichzeitig erreicht: Erstens wurden Fähigkeiten und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung in einer ansprechenden Form in der Öffentlichkeit vermittelt. Zugleich erhielten zweitens Familien mit sehbehinderten Kindern eine besondere Unterstützung. Denn, so die die ukrainische Projektleiterin Lubow Negatina: „In der Ukraine gibt es bisher kaum Bücher, die beispielsweise normal sehende Eltern mit ihren sehbehinderten Kindern gemeinsam lesen können.“ Und schließlich wurde mit den Druckaufträgen auch das soziale Unternehmen „Notis“ von Anastasija Gerez gefördert, das ukraineweit die einzige Druckerei ist, die „universelle“ Printprodukte herstellt.

„Aktion Mensch“ unterstützt Projekt zur Stärkung des Selbsthilfepotenzials

Damit diente die Kampagne auch dem Hauptziel des durch „Aktion Mensch“ geförderten Projekts, nämlich der Stärkung des Selbsthilfepotenzials von Menschen mit Behinderung in der Region Charkiw. Im Rahmen von mehreren Qualifizierungsmaßnahmen arbeiten die Projektpartner aus den Behinderten- und Tschernobyl-Verbänden derzeit an Ideen für den Aufbau von weiteren sozialen Unternehmen, die Menschen mit Behinderung neue Beschäftigungsmöglichkeiten bieten können. Dies ist gerade angesichts der gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Probleme in der Ukraine eine hochaktuelle Aufgabe.

Die gesamte Ausgabe des Sozial-Anzeigers finden Sie hier (2,6 MB). (Den Bericht über das Projekt der Geschichtswerkstatt finden Sie auf Seite 16 und 17)

Weitere Informationen über die Arbeit der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw finden Sie hier.