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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Tschernobyl im Herzen – Ausstellungen in der Geschichtswerkstatt Charkiw

Gleich zwei Ausstellungen wurden am 22. April in der Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw in Anwesenheit des stellvertretenden Gouverneurs Wadim Gluschko eröffnet. In der Ausstellung „Tschernobyl: Menschen – Orte – Solidarität – Zukunft“, die ständig in der Geschichtswerkstatt zu sehen sein wird, können sich die Besucher genaue Informationen über die erste globale technogene Katastrophe erschließen. Parallel können sie in der Plakatausstellung „Tschernobyl im Herzen“, die im Rahmen der IX. Internationalen Triennale für Ökoplakate gezeigt wird, versuchen die Folgen der Katastrophe für einzelne Menschen emotional zu begreifen. Die Ausstellungseröffnungen bilden einen der zentralen Höhepunkte bei den diesjährigen Europäischen Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“ in der Ukraine.

Bei der ständigen Ausstellung „Tschernobyl: Menschen – Orte – Solidarität – Zukunft“ handelt es sich um eine aktualisierte Fassung der Ausstellung, die vom IBB Dortmund zum 25. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe erstellt wurde. In 2011 war sie in 49 Städten in Deutschland, den Niederlanden und Österreich zu sehen, 2012 und 2013 außerdem in 23 ukrainischen Städten. Für ihren Einsatz in der Charkiwer Geschichtswerkstatt erhielt die Ausstellung ein neues, an die Räumlichkeiten angepasstes Format. Zudem wurden die Lebensgeschichten von in Charkiw lebenden Tschernobyl-Betroffenen aufgenommen. Beibehalten wurden die zahlreichen audiovisuellen Elemente, die insbesondere Schülern den Zugang zum Thema erleichtern.

In der Ausstellung „Tschernobyl im Herzen“ sind Plakate von zehn Studenten des Charkiwer Design-Professors Oleg Weklenko zu sehen. Den Anstoß für ihre Arbeiten gab die irische Initiative „Chernobyl children international“ von Adi Roche, die u.a. die Klinik für Kinderherzchirurgie in Charkiw unterstützt. Bei ihrem letzten Besuch im Februar 2015 besichtigte sie auch die Räume der Geschichtswerkstatt. Die studentischen Plakate stellen somit eine Hommage an die nach Tschernobyl entstandene internationale Solidaritätsbewegung dar. Zugleich wollen sie für die Leiden der betroffenen Menschen sensibilisieren. Dementsprechend kommentiert die Studentin Alina Lysatschkowa ihre Arbeit: „Wenn Sie sich das Plakat aus der Ferne ansehen, erkennen Sie das Radioaktivitätszeichen. Doch je näher Sie kommen, umso deutlicher werden die Herzen erkennbar. So ist es auch im Leben: Wenn wir uns der Tschernobyl-Katastrophe rational nähern, dann erkennen wir statistische Daten und Fakten, doch wenn wir näher herangehen, dann erkennen wir das Leben von tausend einzelnen Menschen und ihr durch die Katastrophe ausgelöstes Leid.“

Die Kooperation der Geschichtswerkstatt Tschernobyl mit Prof. Oleg Weklenko und seinen Studenten ist bereits gute Tradition. Denn Oleg Weklenko war selber bereits ab 29. April 1986 für mehrere Wochen als Liquidator in der Tschernobyl-Sperrzone eingesetzt. Seitdem engagiert er sich dafür, mit Hilfe der Kunst das Umweltbewusstsein der Menschen zu stärken. Der Ausbau erneuerbarer Energien gehört dabei für ihn zu den wichtigsten Lehren aus Tschernobyl. Angesichts des Kriegs in der Ostukraine wendet sich der Designer jedoch auch anderen Themen zu. Nachdem Charkiw mehrmals das Ziel von Sprengstoffanschlägen war, stellte er seinen Studenten die Aufgabe, Comics zu zeichnen, um Jugendlichen und Erwachsenen anschaulich zu vermitteln, wie sie sich in entsprechenden Gefahrensituationen verhalten sollen. Daraus entstand eine Ausstellung zur „Sicherheitskultur“, die vom 20. März bis 17. April ebenfalls in der Geschichtswerkstatt zu sehen war. Das Interesse der Schulen an dieser Ausstellung war so groß, dass etwa 60 Anfragen zu Führungen nicht befriedigt werden konnten.

Die Geschichtswerkstatt Tschernobyl entwickelt sich damit allmählich zu einer gefragten Bildungsstätte in Charkiw. Davon zeugt auch, dass am 21. April auf Initiative des Departements für Bildung und Wissenschaft ein Fortbildungsseminar für Leiter von Umweltklubs und Lehrern aus dem Gebiet Charkiw in der Geschichtswerkstatt stattfand. Für die beiden neuen Ausstellungen liegen ebenfalls bereits zahlreiche Anmeldungen aus Schulen vor. Dieses wachsende Interesse junger Menschen stimmt hoffnungsvoll, dass ein historisches Lernen für die Zukunft tatsächlich gelingen kann.

Weitere Informationen über die Geschichtswerkstatt Tschernobyl in Charkiw finden Sie hier.