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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Zeitzeuge Kurt Marx erzählt im EL-DE-Haus aus seinen Erinnerungen

Zeitzeuge Kurt Marx erzählt im EL-DE-Haus aus seinen Erinnerungen

Kurt Marx, heute 92 Jahre alt, ist einer der geretteten Schüler der Jawne-Schule in Köln. Als 13-Jähriger wurde er in einen Kindertransport nach London gesetzt und als einer von 130 Schülern der jüdischen Jawne-Schule so vor dem sicheren Tod gerettet.

Dieses Foto zeigt Kurt Marx im Gespräch mit Larissa Schmitz.

Kurt Marx, 92, berichtete im EL-DE-Haus im Gespräch mit Larissa Schmitz, wie sein Schulleiter Erich Klibansky sein Leben gerettet hat.

Am Mittwoch, 8. November 2017, sprach er im EL-DE-Haus in Köln vor fast 100 Zuhörern über seine Jugend in der NS-Zeit, die zum Ende der 1930er Jahre zunehmende, offene Diskriminierung und schließlich über die Rettung durch seinen weitsichtigen Schulleiter Dr. Erich Klibansky. „Vergessen kann man’s nicht – und verstehen auch nicht“, hatte Kurt Marx seinen Vortrag im Rahmen des Begleitprogramms zur Wanderausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ überschrieben. Dr. Werner Jung, Leiter des NS-Dokumentationszentrums Köln, begrüßte den Zeitzeugen und führte in den Abend ein (Foto oben). Larissa Schmitz, die Kurt Marx schon vor längerer Zeit persönlich kennengelernt hatte, moderierte ein bewegendes Gespräch.

Seine Kindheit in Köln habe er als sehr unbeschwert erlebt – bis zur Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Er habe gespürt, dass nach dieser Nacht etwas entscheidend anders war. Die Metzgerei seines Onkels wurde schwer beschädigt. Die Schultür blieb ihm verschlossen. Ins Schwimmbad durfte er nicht mehr. Stattdessen musste er die Jawne, das einzige jüdische Reformgymnasium im Rheinland, besuchen – und dies war sein Glück.

Im Januar 1939 organisierte sein Schulleiter Dr. Erich Klibanksy einen Kindertransport nach London und der damals 13-jährige war dabei. In England wurde er von einer Arbeiterfamilie in der Nähe von London aufgenommen, besuchte eine jüdische Schule und begann mit 15 Jahren zu arbeiten. In den ersten Jahren hatte er noch Post von seinen Eltern erhalten. Plötzlich kam nicht eine Postkarte mehr. Den letzten Brief seines Vaters erhielt er im Sommer 1942 – zwei Monate, nachdem die Eltern längst nach Minsk deportiert und dort ermordet worden waren. Jahrzehntelang lebte er mit der Ungewissheit, was aus seinen Eltern geworden ist. Hatte die geplante Emigration in die USA vielleicht doch geklappt? Dass seine Eltern Irma und Siegmund Marx am 22. Juni 1942 nach Minsk deportiert und wenige Tage später dort ermordet worden waren, erfuhr Kurt Marx sehr spät durch das Ende 1999 veröffentlichte Buch „6:00 Uhr ab Messe Köln-Deutz: Deportationen 1938- 1945“ von Dieter Corbach.

Erst vor wenigen Jahren reiste Kurt Marx ein erstes Mal nach Minsk: Im Wald von Blagowschtschina, wo die sterblichen Überreste von Juden aus Westeuropa und Belarus, von sowjetischen Kriegsgefangenen und belarussischen Partisanen in 34 Massengräbern begraben sind,  baut die Stadt Minsk derzeit auch dank der Initiative des IBB Dortmund eine die Opfer würdigende Gedenkstätte.

Schulleiter Erich Klibansky selbst übrigens war mit seiner Frau und drei Söhnen sowie 100 weiteren Schülern der Jawne-Schule ebenfalls nach Minsk deportiert und ermordet worden.

Die deutsch-belarussische Wanderausstellung, die bis zum 18. Februar 2018 in Köln im EL-DE-Haus zu sehen ist, erzählt beispielhaft sein Schicksal.

Kurt Marx ist noch einige Tage in Köln unterwegs mit seinem Sohn und seiner Enkeltochter.

Einen Beitrag des Kinderradiokanals KiRaKa des WDR über die Erinnerungen von Kurt Marx finden Sie hier.

Die Öffnungszeiten der Ausstellung in Köln: 

Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr.
Samstag, Sonntag und Feiertag von 11 bis 18 Uhr.
Jeden ersten Donnerstag im Monat (außer Feiertag) bis 22 Uhr.

Träger der Ausstellung sind:

Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk gGmbH (IBB Dortmund),
die Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ Minsk (IBB Minsk) und
die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.

Die Ausstellung wird gefördert durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und das Auswärtige Amt.

Der Katalog zur Ausstellung kann bei uns bestellt werden (Schutzgebühr 10 Euro).

Weitere Informationen über das Begleitprogramm zur Ausstellung in Köln finden Sie hier.

Weitere Informationen über das Initiative für eine die Opfer würdigende Gedenkstätte Trostenez finden Sie hier.