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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Ausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ erstmals in Minsk

Ausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ erstmals in Minsk

Auf den Tag genau 25 Jahre nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Belarus und Deutschland bewegte das Ergebnis eines grenzüberschreitenden Gemeinschaftsprojekts mehr als 100 Museumsbesucher in Minsk: Zum ersten Mal ist seit Montag, 13. März 2017, die Ausstellung

Minister Michael Roth am Rednerpult im Museum des Großen Vaterländischen Krieges.

Minister Michael Roth betonte: „Diese Ausstellung verdient große Beachtung.“

„Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ in Minsk zu sehen im Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges.

„Diese Ausstellung verdient große Beachtung, denn sie wurde in grenz-überschreitender Zusammenarbeit realisiert“, betonte Staatsminister Michael Roth vom Auswärtigen Amt. Selbst 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sei dies keine Selbstverständ-lichkeit.

 

„Viel zu grausam waren die Taten des nationalsozialistischen Regimes in Belarus. Viel zu lange wurden diese Verbrechen in Deutschland verdrängt und ausgeblendet.“

Beispielhaft skizziert die Ausstellung Biografien von Menschen, die in Trostenez ermordet wurden. Sie berichtet auch über die unterschiedliche Erinnerungskultur in Deutschland und Belarus. „Damit soll auch eine Grundlage für eine vertiefte Verständigung beider Seiten im Umgang mit der gemeinsamen Geschichte und für eine künftige Dauerausstellung am historischen Ort Trostenez geschaffen werden“, sagte Minister Roth. Oleg Krawtschenko, stellvertretender Außenminister der Republik Belarus, dankte dem IBB und dem Auswärtigen Amt dafür, dass sie durch die Unterstützung der Gedenkstätte Trostenez und die Ausstellung ein Zeichen der Versöhnung setzen.

Zeitzeuge Kurt Marx, Überlebender des Holocaust, am Rednerpult des Museums in Minsk.

Kurt Marx, 91, ist einer der ehemaligen Schüler der Jawne-Schule in Köln. Zur Eröffnung der Ausstellung war er eigens aus London angereist und richtete eindringliche Worte an seine Zuhörer.

Unter seinen Zuhörern waren Politiker, Akteure der Erinnerungsarbeit aus vier Ländern und Zeitzeugen. Sie hatten am Morgen den historischen Ort besucht und Blumen und Kränze niedergelegt.

Kurt Marx, 91, einer der Überlebenden, war eigens aus London angereist. Sein Schulleiter Erich Klibansky, Leiter des jüdischen Reformrealgymnasiums Jawne in Köln, hatte ihn und weitere 129 Schülerinnen und Schüler in weiser Voraussicht nach London verbringen lassen und vor dem sicheren Tod gerettet – ohne sich selbst retten zu können. Erich Klibansky wurde in Trostenez ermordet. Sein Schicksal ist eines von sieben, die beispielhaft in der Ausstellung erzählt werden.

Die Zeitzeugen - Überlebende des Minsker Ghettos und Gerechte der Völker - erhalten eine rote Nelke - während einer musikalischen Einlage. Alle Fotos: IBB - Anton Surapin

Rote Nelken erhielten die Zeitzeugen – unter ihnen Überlebende des Minsker Ghettos und Gerechte der Völker – während einer musikalischen Einlage. Alle Fotos: IBB – Anton Surapin

Lernen aus der Geschichte im internationalen Kontext

Erinnern, Gedenken und Lernen für eine gemeinsame Zukunft seien eng miteinander verknüpft, betonte Wolfgang Schneiderhan, Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Er zitierte EU-Kommissionschef Juncker: „Selbst unser dunkelster Tag in 2017 wird heller sein als jeder Tag, den unsere Vorväter auf den Schlachtfeldern verbracht haben.“ Es sei von besonderer Bedeutung, diese Erkenntnis an die junge Generation zu vermitteln. „Es ist ein Irrglaube, dass diese Aufgabe innerhalb nationaler Grenzen geleistet werden kann. Die neu gezogenen politischen Grenzen erleichtern diese Arbeit nicht.“

Setzt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge vor allem auf Workcamps zur Förderung der internationalen Verständigung, so widmete sich das Johannes-Rau-Gespräch am Dienstag, 14. März, aus Anlass des 25. Jahrestages dem Dialog mit Blick in die Zukunft. Der Einladung zur Diskussion über „Gesellschaftliche und diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Belarus“ waren mehr als 150 Studierende aus mehreren Minsker Hochschulen gefolgt. Staatsminister Roth lobte besonders die hervorragenden deutschen Sprachkenntnisse und die Aktivität der Studentinnen, die die Diskussion mit guten Fragen prägten.

Grenzen überwinden im Europa der gemeinsamen Werte 

Oleg Krawtschenko, stellvertretender Außenminister der Republik Belarus.

Die Studierenden zeigten sich in der Diskussion, die IBB-Vorsitzender Matthias C. Tümpel moderierte, gut informiert. Sie fragten nach der Akzeptanz erneuerbarer Energien, Studienmöglichkeiten in Deutschland, Erfolgen der Jugendpolitik auf parlamentarischer Ebene, nach der Integration von Migranten und nach Entwicklungsperspektiven der EU.

Minister Roth hatte in seiner kurzen Rede für ein gemeinsames Europa geworben und betont, dass die Wertegemeinschaft Europa allen offen stehe, nicht nur EU-Bürgern. Europa stehe für ein Grenzen überwinden, daher sei er sehr bekümmert, dass aufgrund der aktuellen Konflikte wieder eine Politik der Abschottung und der Mauern betrieben werde. Er forderte seine jungen Zuhörer auf, sich aktiv einzumischen und Politik mitzugestalten.

Oleg Krawtschenko, stellvertretender Außenminister der Republik Belarus, stimmte zu, dass sich die internationale Kooperation nicht nur auf Wirtschaft und Pragmatismus stützen darf, sondern auch auf gemeinsame Werte. Er betonte, dass kein Land vor die Wahl gestellt werden sollte, sich zwischen Ost und West zu entscheiden. Er glaube an den Dialog zwischen unterschiedlichen Akteuren und gab sich optimistisch, dass die zentralen Schwierigkeiten in den Beziehungen zwischen Belarus und der EU überwunden seien.

Weitere Stationen der Wanderausstellung

Die Ausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ ist bis zum 16. April 2017 im Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges in Minsk zu sehen. Im Laufe der Jahre 2017 und 2018 wird sie in weiteren Städten in Belarus sowie in allen westeuropäischen Städten gezeigt, aus denen Deportationen nach Minsk und Malyj Trostenez erfolgt waren.

Der WDR hat einen TV-Beitrag über die Ausstellung in Minsk ausgestrahlt. Er ist bis zum 30. März 2017 online abrufbar in der Mediathek.

Weitere Medienberichte finden Sie hier: 

am 17. März 2017 ein Hörfunkbeitrag im WDR-Landesmagazin Westblick 

am 17. März 2017 ein Artikel von Semjon Scheschenin

am 22. März 2017 ein Beitrag von Maria Kuwschinowa aus St. Petersburg

Fakten zur Ausstellung: 

Träger: 

  • Internationales Bildungs- und Begegnungswerk gGmbH (IBB Dortmund)
  • Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ Minsk
    (IBB „Johannes Rau“ Minsk)
  • Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Beirat: 

  • Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst
  • Stiftung Topographie des Terrors
  • Jüdisches Museum in Prag
  • Gedenkstätte Theresienstadt
  • Belarussisches Museum für die Geschichte des Großen Vaterländischen
    Krieges
  • Verband der jüdischen Organisationen und Gemeinden in Belarus sowie
  • Dr. Kristiane Janeke – Tradicia History Service

Förderer:

Ausstellungsdauer: 14. März bis 16. April 2017

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr. Eintritt frei

Ausstellungsort: Museum der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges, Prospekt Pieramozca 8, Minsk/Belarus

Weitere Informationen über die Initiative des IBB Dortmund für eine würdige Gedenkstätte Trostenez finden Sie hier.