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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Kickoff -Meeting zum neuen Projekt „Inklusion – einfach machen“

Kickoff -Meeting zum neuen Projekt „Inklusion – einfach machen“

Das neue Logo der IBB gGmbH.

Zum Kickoff-Meeting im neuen Projekt „Inklusion – einfach machen“ trafen sich Donnerstag, 15. August 2024, 15 Menschen mit und ohne Behinderung aus verschiedenen Städten in der Ukraine online.

Mit diesem dreistündigen Treffen hat die Vorbereitung der viertägigen Zukunftskonferenz (Future Search Conference) begonnen, die für den  1. bis 4. Oktober 2024 in Lviv geplant ist. Bis zu 50 Personen werden sich dort über die Kernfrage austauschen, wie die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in der Ukraine während des Krieges vorangebracht werden kann.

Dem ukrainischen Projektteam um Nazarii Boyarskii vom Democratic Initiatives Incubator, Tanya Herasimova von Fight for Right und der Facilitatorin Maryana Zaviyska ist in kurzer Zeit und trotz des Krieges gelungen, unterschiedliche behindertenpolitische Interessenvertreter und -vertreterinnen in der Ukraine zu mobilisieren und sie für die Teilnahme am Steering-Committee zur Vorbereitung der Future Search Conference zu gewinnen.

Die aktive Planung der Konferenz ist eines ihrer wesentlichen Merkmale: Nicht hinter verschlossenen Türen wird die Konferenz über die UN-Behindertenrechtskonvention und die Belange behinderter Menschen im anhaltenden Kriegsalltag in der Ukraine geplant. Eine wichtige Bedingung für das Gelingen ist die Teilhabe derer, die das Thema wirklich angeht und die später von den Veränderungen als Erste profitieren werden. Zugegen waren Menschenrechts- und Inklusionsaktivisten und -aktivistinnen aus der Community blinder und seh-eingerschränkter, tauber und neurodivergenter Menschen, aber auch nicht-behinderte Inklusionsexpert*innen aus der Kunstszene sowie aus der Politik, die sich für Inklusion und die Umsetzung von Behindertenrechten im öffentlichen Leben einsetzen. So nahm zum Beispiel die Leiterin der Nationalen Luftfahrtuniversität Ksenija Semenova teil, die zusammen mit Aktivisten und Aktivistinnen von Fight for Right barrierefreie Luftschutzbunker gebaut hat. Sie plant zudem auch, Barrierefreiheit an der von ihr geleiteten Hochschule strategisch zu etablieren.

„Wir haben das Projekt Inklusion – einfach machen! entwickelt“, so Constanze Stoll vom Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk gGmbH in Dortmund,  „weil wir in einem Vorgängerprojekt über inklusive Erinnerungskultur gelernt haben, dass es in unseren europäischen Gesellschaften höchste Zeit ist, nicht mehr darüber zu diskutieren, ob wir eine integrative Gesellschaft anstreben und ob Menschen mit Behinderungen uneingeschränkten Zugang zu Bildung, Kultur, Ausbildung und Arbeitswelt haben sollten. Diese Fragen sind längst positiv beantwortet. Wohl aber müssen wir als Gesellschaften Inklusion einfach machen.

Wir müssen auf nichts mehr warten, sondern können mit inklusivem Denken und Sprechen einfach beginnen und uns weiter im Abbau von Barriere und in der Schaffung von Teilhabe üben.

Wir wollen Menschen ohne Behinderung für die vielen Hürden sensibilisieren, die ihnen weitgehend nicht bewusst sind. Deshalb schaffen wir im Projekt Inklusion – einfach machen für die gegenwärtige Ukraine einen barrierefreien Raum und erkunden gemeinsam, wie inklusive Zusammenarbeit, Kommunikation und barrierefreie Dialoge funktionieren – ohne Paternalismus und auf Augenhöhe. In diesem barrierefreien Raum lernen wir zusammen, was wir tun können, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen und Barrieren auch im Kriegsalltag abzubauen und die Umsetzung der UN-BRK sicherzustellen.“

Diese Grafik zeigt einen grauen Elefanten, der von verschiedenen Menschen untersucht wird, die den Rüssel irrtümlich für eine Schlange, die Stoßzähne für einen Speer und die Haut für eine Wand halten. Dieses Grafik soll verduetlichen, dass Menschen trotz ihrer Expertise manchmal nur einen Teil vom Ganzen wahrnehmen und nicht das große Ganze. Copyright: gekreuzsiegt.de

Bebilderung zum Gleichnis von den Blinden, die einen Elefanten beschreiben und trotz ihrer Expertise jeweils nur einen Teil vom Ganzen wahrnehmen. Copyright: www.gekreuzsiegt.de

Nach der Vorstellung aller Teilnehmenden und der Darstellung des Projektvorhabens führte Maryana Zaviyska die Teilnehmenden in das partizipative Format der Future Search Conference ein und hob ihre inklusive Perspektive hervor. Es gelte, das „ganze System“, den ganzen Elefant in den Raum zu holen. Bezogen auf das Projektthema Inklusion und Teilhabe zeigt sich aus unterschiedlichen Blickrichtungen einer Gesellschaft sehr verschieden. Je nach Blickwinkel sieht die Gleichstellung behinderter Menschen anders aus und fordert unterschiedliche Kompetenzen und Leistungen. Die Wahrscheinlichkeit und Qualität von inklusiven Lösungsansätzen steigt mit der Überwindung eines einseitigen und unterkomplexen Blicks, also braucht es die Öffnung der eigenen Silos. Die prinzipienbasierte Methodologie, die mit den Namen der Amerikaner Sandra Janoff und Marvin Weisbord verbunden ist, richtet den Fokus der Teilnehmenden auf die Zukunft und unterstützt sie, wertebasierte Handlungsstrategien zu entwickeln und stellt die Bereitschaft zu ihrer Umsetzung sicher.

In einer 20-minütigen Runde tauschten sich die Teilnehmenden in Kleingruppen über Hoffnungen und Befürchtungen zur geplanten Future Search Conference aus und trugen sie im Plenum zusammen. Formuliert wurde beispielsweise die Sorge, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht genügend Zeit bekommen und keine Übersetzer*innen für einfache Sprache zum Einsatz kommen. Gewarnt wurde auch vor zu großen Erwartungen und der Unsicherheit sowie der Bedrohung durch den Krieg. Eine weitere Sorge: Menschen nehmen an der Konferenz teil, die nicht überzeugt von den Vorteilen der Inklusion sind und boykottieren mit ihren Einwänden das Erreichen der Projektziele. In diesem Austausch spiegelten sich die vielfältigen Diskriminierungserfahrung von Inklusionsaktivist*innen und behinderten Menschen wider.

Für einfache Sprache und Gebärdensprachdolmetscher*innen wird definitiv gesorgt sein. Im Einklang mit der klaren Intention, mittels der Zukunftskonferenz einen produktiven und effektiven barrierefreien Erfahrungsraum zu schaffen, steht die Schaffung der Barrierefreiheit im Zentrum der Aufgabe. Die Hoffnung ist, dass es gelingt erlebbar zu machen, wie vorteilhaft Inklusion ist und welchen gesamtgesellschaftlichen Mehrwert es hat, miteinander respektvoll umzugehen, Bedarfen gerecht zu werden, Gleichstellung und Dialog und Kooperation auf Augenhöhe zu praktizieren.­

In den kommenden fünf Online-Meetings wird sich das Steering Committee festigen. Die Teilnehmer*innen werden unter anderem sechs bis sieben Stakeholder-Gruppen identifizieren, Vertreter*innen einladen und dafür sorgen, dass die aktuelle relevante interdisziplinäre ukrainische Fach-Expertise auf der Future Search Conference zusammenkommt. Dort werden die ca. 50 Teilnehmenden im Wechsel in gemischten Gruppen und in den Stakeholder-Gruppen das gemeinsam erkundete Mehrwissen vertiefen und dialogisch weiterentwickeln. Für die Realisierung dieser kleineren und größeren Vorhaben stehen im Anschluss an die Konferenz Projektmittel zur Verfügung. Die Vorstellung der entwickelten Miniprojekte oder Prototypen steht für Ende des Jahres aus.

Unser Foto oben zeigt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am virtuellen Kickoff-Meeting. Screenshot: IBB gGmbH

Gefördert wird die Kooperation durch Mittel des Auswärtigen Amtes aus dem Programm „Stärkung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft“.

Diese Logos zeigen, dass das Projekt vom Auswärtigen Amt gefördert wird als Civil Society Cooperation. In der Reihe darunter sind die Logos der IBB gGmbH Dortmund und der ukrainischen NGO "Fight for Right" und "Democratic initiatives incubator" zu sehen.

#CivilSocietyCooperation