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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

Klartext-Workshop im Projekt “Erinnern – inklusiv” mit praktischen Übungen: “Leicht ist gar nicht so einfach” für Teilnehmende aus Deutschland

Leicht ist gar nicht so einfach”, so lautete der Titel des Online-Workshops, den Marlene Seifert, Übersetzerin für Leichte Sprache, am 24. Juli 2023 im Rahmen des deutsch-polnischen Kooperationsprojekts “Erinnern – inklusiv” leitete. Unterstützt wurde sie dabei von Duygu Oezen, einer Testexpertin für einfache Sprache, die übersetzte Texte auf Verständlichkeit prüft.

Unter den rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörern waren bei diesem Online-Treffen vor allem Mitarbeitende aus Gedenkstätten, die in der historischen Bildungsarbeit aktiv sind. Die Referentin hat bereits für verschiedene Lern- und Erinnerungsorte an Texten über den Nationalsozialismus gearbeitet. Marlene Seifert erläuterte eingangs die Regeln der Leichten Sprache, die ihren Ursprung bereits in den 1970er Jahren in der Selbsthilfe-Bewegung in den USA hatte. Ursprünglich wurde die Leichte Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten entwickelt. Aber auch Menschen mit Demenzerkrankungen, mit Sprachstörungen oder funktionalem Analphabetismus profitieren von der konsequenten Vereinfachung. Zudem ist die Leichte Sprache auch für taube Menschen hilfreich und ebenso für Menschen, für die Deutsch die Zweitsprache ist.

Komplizierte Satzgefüge werden nach einem festen Regelwerk vereinfacht. So heißt es in der Leichten Sprache: Ein Satz – ein Gedanke. Es gibt keinen Genitiv und keine Nebensätze. Schwierige Wörter werden möglichst ersetzt oder wenigstens erklärt. Zur besseren Lesbarkeit werden lange Wörter mit Trennstrichen oder Punkten in Sinneinheiten zerlegt. Bilder unterstützen häufig die schriftliche Aussage. Und eine Prüfung durch Betroffene ist immer Pflicht.

Marlene Seifert hatte einige konkrete Beispiele im Gepäck und Übungsmaterial für die Gruppe vorbereitet. Wie erklärt man, was eine Diktatur ist? Und wie kann zum Beispiel Widerstand gegen die Nationalsozialisten in Leichter Sprache erklärt werden?

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer arbeiteten schließlich in Gruppen an den Beispielsätzen und fragten sich dann immer wieder: Welches Vorwissen kann man eigentlich voraussetzen? Welche Wörter müssen erklärt werden? Wie ist es mit dem Gendern? Duygu Oezen besuchte die Gruppen in den virtuellen Arbeitsgruppen und gab praktische Tipps. Der Unterstrich beim Gendern zum Beispiel erschwert das Lesen. Meist wird daher die männliche Form zuerst genannt und die weibliche, längere Form anschließend, weil dies das Lesen erleichtert. “Ich persönlich habe nicht so gern zu viele Bilder”, sagte sie. Es sei allerdings gut, wenn schwere Wörter wiederholt werden, denn dies erleichtere das Lernen.

Marlene Seifert erwähnte zudem hilfreiche Literatur: So gibt es bereits ein Wörterbuch für Leichte Sprache und Bücher in Leichter Sprache zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Eine weitere Herausforderung ist auch das Sprechen in Leichter Sprache zum Beispiel bei Führungen durch eine Gedenkstätte. Auch hier gilt es, nur in kurzen Sätzen zu reden und langsam zu sprechen. Als Einstieg für Anfänger empfahl Marlene Seifert Rezeptvideos und Bauanleitungen. Fortgeschrittene könnten sich auch an Nachrichtensendungen wie der Tagesschau versuchen. Praktischer Tipp: Einen Satz laut aufsagen. Muss man mittendrin Luft holen, ist der Satz zu lang. Ganz wichtig sei aber in jedem Fall die enge Zusammenarbeit mit der Zielgruppe. Nur Betroffene könnten wirklich sagen, ob und wie ein Text verstanden wird.

Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Online-Workshop stand am Ende fest, dass die schwere Aufgabe der sachlich korrekten Übersetzung in die Leichte Sprache gut gelingen kann. Es braucht allerdings Unterstützung und Übung.

Das deutsch-polnische Partnerschaftsprojekt „Erinnern-inklusiv“ organisiert die IBB gGmbH in Dortmund gemeinsam mit dem Museum Stutthof in Polen und dem Verein Schwarzenberg e.V. in Berlin. Das Projekt wird im Rahmen des EU-Programms „Bürger, Gleichberechtigung, Rechte und Werte“ gefördert.

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