Rund 100 Besucherinnen und Besucher begrüßte Professorin Dr. Martina Blasberg-Kuhnke, Vizepräsidentin der Universität Osnabrück, am Donnerstag, 14. November 2019, in der Bibliothek der Universität Osnabrück zur Eröffnung der Wanderausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“.
Professor Dr. Christoph A. Rass, Professor für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung an der Universität Osnabrück, ging in seiner Ansprache auf die lange Vorgeschichte dieser Ausstellung ein. 2014 hatten Historiker aus Deutschland, Belarus, Tschechien und Österreich ihre insgesamt zwei Jahre dauernde Arbeit an der Ausstellung aufgenommen. Die Geschichtswerkstatt „Leonid Lewin“ Minsk habe eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt bei der Erforschung der Geschichte des Vernichtungsortes Malyj Trostenez vor Minsk. 2003 eröffnet, bringt sie bis heute Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, Studierende und Historiker zusammen. Die Geschichtswerkstatt sei in Belarus der wichtigste Stützpunkt für eine kritische Auseinandersetzung mit den wenig erforschten Aspekten der deutschen Besatzung in Belarus. Die in internationaler Zusammenarbeit erarbeitete Ausstellung sei damit auch ein Beitrag im Prozess des Aushandelns neuer Formen der Erinnerung. Sie trage zu einer Annäherung in Richtung empathischer und kritischer Erinnerungskultur zwischen den Zivilgesellschaften bei.
„Es gibt keine Opfer erster und zweiter Klasse“
In seiner Ansprache ging Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, insbesondere auf die Frage ein, warum der Vernichtungsort Trostenez in Westeuropa noch immer so wenig bekannt ist. In der öffentlichen Gedenkkultur in Deutschland sei das zentrale Datum der 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (27. Januar 2020). Weitere Jahrestage dagegen werden in der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Beispielhaft nannte er den 75. Jahrestag des Endes der Blockade von Leningrad am 27. Januar 2019 und den 75. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Majdanek am 23. Juli 2019. Nur den wenigsten hierzulande sei die Geschichte des Vernichtungsortes Malyj Trostenez bekannt oder das Datum, an dem das Lager aufgelöst wurde. „Sie sehen, wie unterschiedlich die Erinnerung ist“, sagte er. „Es gibt aber keine Opfer erster und zweiter Klasse. Deutschland hat sich verpflichtet, aller Opfer zu gedenken.“
Die Wanderausstellung „Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ führe deutlich vor Augen, dass es auch 75 Jahre danach immer noch viele weiße Flecken auf der Karte der Erinnerungskultur gebe. Wie wichtig die Bewahrung der Erinnerung sei, zeigten die Ereignisse in Halle und die Wahlergebnisse in Thüringen. „Wir sind heute gefordert, unsere Erinnerungskultur zu verteidigen!“ Es sei die stille Mahnung der Millionen Opfer: „Sie alle verpflichten uns, uns kritischer und lauter gegen das, was heute in Deutschland und der Welt passiert, zu äußern. Das sind wir den Opfern schuldig!“
Dr. Alexander Dalhouski, stellvertretender Leiter der Geschichtswerkstatt „Leonid Lewin“ Minsk, führte sodann in die Ausstellung ein. Er wird im Januar 2020 noch einmal in Osnabrück sein: Gemeinsam mit Professor Christoph Rass gestaltet er im Wintersemester 2019/2020 ein Blockseminar zum Thema „Gewaltorte des Zweiten Weltkriegs in Belarus: Ereignishorizont und Erinnerungskultur(en)“.
Die Wanderausstellung ist bis zum 18. Januar 2020 im Gemeinsamen Bibliotheksgebäude, Nelson-Mandela-Platz 1, 49076 Osnabrück zu sehen.
Öffnungszeiten:
Montags bis freitags von 9:00 bis 22:00 Uhr.
Samstags von 10.00 bis 18:00 Uhr.