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Internationales Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund

IBB-Tagung „Migration 2.0. – Wer kommt, wer bleibt, wer geht“ lenkt den Blick auf Chancen und Herausforderungen für Zuwanderung

IBB-Tagung „Migration 2.0. – Wer kommt, wer bleibt, wer geht“ lenkt den Blick auf Chancen und Herausforderungen für Zuwanderung

„Migration funktioniert nicht wie ein Wasserhahn, der auf- und zugedreht werden kann.“ Vera Hanewinkel, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Osnabrück, räumte gleich zu Beginn der IBB-Tagung „Migration 2.0 – Wer kommt, wer bleibt, wer geht“ mit falschen Vorstellungen auf. Eine Netto-Zuwanderung von 400.000 bis 500.000 Menschen pro Jahr sei für Deutschland nötig, um die Folgen des demografischen Wandels aufzufangen. Doch die Integration in den Arbeitsmarkt erfordert Geschick und Expertise, so das Fazit der Tagung, zu der das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk e.V. in Dortmund für Donnerstag, 24. November 2022, ins Reinoldinum eingeladen hatte.

„Wir brauchen fair und gerecht gestaltete Migration mit Gewinn für die Herkunfts- und Zielländer  und die Zugewanderten, den Triple-win“ sagte Hildegard Azimi-Boedecker, Leiterin des Fachbereichs Beruf international und Migration im IBB e.V., bei der Begrüßung der mehr als 50 Interessierten, die unter anderem in Behörden und Beratungsstellen mit Zugewanderten und Geflüchteten arbeiten. Einen Paradigmenwechsel können der geplante Chancen- Aufenthalt für langjährig Geduldete sowie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bedeuten.

Mit interessanten Grafiken veranschaulichten die Referentinnen und Referenten – wie hier Vera Hanewinkel – ihre Vorträge.

Fachkräfte sind zwar gefragt in Deutschland, doch der Weg zum gut bezahlten Job ist im Einzelfall steinig, schilderten die Referenten Stefanie Schmoll vom Westdeutschen Handwerkskammertag und Marcel Fernandes, der ein Pilotprojekt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und der Bundesanstalt für Arbeit vorstellte. Arbeitssuchende bringen in der Regel zwei Drittel der erforderlichen Kompetenzen mit, müssen aber bestimmte, zum Teil kostenpflichtige Zusatzqualifikationen erwerben. Die Einreise ist ohne diese Nachweise schwierig, oft beginnen Zuwanderungswillige nochmals Ausbildungen oder nehmen schlecht bezahlte Stellen an. Zeynep Bicici ergänzte, wie Gewerkschaften auch Zugewanderte vor Lohndumping schützen. Daher ist in jedem Fall gute Beratung unerlässlich, denn die dafür nötigen Fördermittel sind an eine Vielzahl von Voraussetzungen gebunden.

Die größte Herausforderung beim Einstieg in den Arbeitsmarkt liege in den erforderlichen Sprachkompetenzen, die zum Beispiel für Elektroniker:innen ebenso wie für Berufe im Gesundheitsbereich sicherheitsrelevant sein können.

Aktuelle Erkenntnisse aus der Sozialforschung präsentierte Dr. Ulrike Wieland von der Bertelsmann Stiftung. Anders als im politischen Diskurs sehen vier von fünf Befragten in Deutschland Zuwanderung demnach grundsätzlich positiv.

Die Zugehörigkeit der sogenannten „Deutsch-Türken“ wurde mit Prof. Ayhan Kaya, Soziologe der Bilgi Universität Istanbul diskutiert. „Es ist durchaus möglich, sich auch zu zwei Kulturen zugehörig zu fühlen, zumal auch der rechtliche Begriff der Staatsbürgerschaft im Wandel ist “, meinte der Experte. Dabei spiele auch z. B. das kommunale Wahlrecht für Zugewanderte eine wichtige Rolle, so die Teilnehmenden.

Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk e.V. kündigte weitere Fortbildungen und Tagungen zum Thema für das Frühjahr an. Dank einer Förderung durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU war die Teilnahme an der Tagung kostenlos.

Den ausführlichen Tagungsbericht finden Sie hier.